Oliver Schmid (45) ist Scout und hält Wochenende für Wochenende auf den Fussballplätzen der Schweiz Ausschau nach Talenten. Dabei hat er oft nicht den auffälligsten Spieler im Auge.

Ob die Schlottermilch in Sursee, das Kleinfeld in Kriens oder das Eizmoos in Cham – Oliver Schmid kennt sie alle, die Fussballplätze in der Region, ja sogar in der Schweiz. Schmid ist Talentspäher oder Scout, wie es im Fussballjargon heisst. Er ist zuständig für den Jugend- und Profibereich. Sein Auftraggeber: der FC Luzern. Wen er wo beobachten muss, das sagt FCL-Sportkoordinator Remo Gaugler (47) jeweils zwei Wochen im Voraus. Drei bis vier Matches kommen so in der Woche zusammen. «Das ist ein extrem toller Job», sagt Schmid. Scouting ist Schmids grosse Leidenschaft – aber nicht sein Hauptberuf. In diesem ist er als Aussendienstmitarbeiter unterwegs.

Nicht immer erschliesst sich Schmid gleich, weshalb er einen bestimmten Spieler beobachten soll. «Da war einmal diese Nummer sechs von Wohlen, die ich zwei- oder dreimal unter die Lupe nahm. Bei weitem nicht der beste Spieler auf dem Platz, doch mit seiner Spielweise wäre er ein sehr guter Ergänzungsspieler.»

Schmid unterhält keine Kontakte zu den Spielern, auch zu den Vereinen nicht. Das will der FC Luzern nicht, das will auch Schmid nicht. Er sucht lediglich vor dem Match den Schiedsrichter auf und lässt sich von ihm die Spielerkarten zeigen. Am liebsten wäre ihm, man würde ihn gar nicht am Spielfeldrand wahrnehmen. «Ich will nicht, dass ein Spieler wegen mir eine Show abzieht.» Dies ist auch der Grund, weshalb er nicht bestätigen will, ob er dieses Wochenende am Pfingst Masters auf der Luzerner Allmend im Einsatz steht. Das Masters zählt zu den bedeutenden Nachwuchsturnieren in der Schweiz. 62 Juniorenteams (U 10 bis U 13) aus dem In- und Ausland stehen im Einsatz. Mit dabei sind neben dem FC Luzern unter anderem auch Nachwuchskicker von Lokomotive Moskau, Liverpool, Red Bull Salzburg oder Bayern München.

Oliver Schmid: «Ich will nicht, dass ein Spieler wegen mir eine Show abzieht.»

Ein guter Gradmesser
Verschwiegenheit ist die halbe Miete in dem Metier. «Das ist eine tolle Geschichte, ein hervorragendes Turnier. Nur wegen eines guten Matchs wird niemand verpflichtet», betont er. «So wie ein Spieler einen guten Tag haben kann, gibt es eben auch schlechte. Deshalb schauen wir uns die Spieler immer mehrmals an.» Für die Junioren des FC Luzern sei das Turnier ein guter Gradmesser. «Sie haben so eine gute Möglichkeit, zu sehen, wo sie im internationalen Vergleich stehen.»

Beim FC Luzern betreibt man erst seit 2013 ein professionelles Scouting. Andere Vereine, beispielsweise der FC Basel oder die Grasshoppers, seien da schon weiter. Das müsse aber nichts bedeuten, sagt Gaugler. «Beton hat noch nie ein Talent hervorgebracht», sagt er. Will heissen: Nur mit der Infrastruktur alleine und einem Scoutingteam ist der Erfolg noch lange nicht garantiert. Entscheidend sei viel mehr, was daraus gemacht werde. «Und was die Infrastruktur anbelangt, muss sich der FC Luzern mittlerweile überhaupt nicht mehr verstecken, diese ist top.»

Doch ist die Zentralschweiz ein genügend grosses Biotop für neue, junge Leistungsträger? Schmid ist fest davon überzeugt. «Fabian Lustenberger, Valentin Stocker, Haris Seferovic – das waren keine Zufallstreffer», sagt er. Und Gaugler ergänzt: «Der FC Luzern hat das Potenzial, mit Fussballern Kasse zu machen.» Es brauche nur ein wenig Geduld. «Die Erfolge stellen sich nicht von heute auf morgen ein», so Gaugler.

Viele Faktoren entscheiden
Es braucht Geduld und die gute Beobachtungsgabe von Leuten wie Schmid. Bis zu seinem 30. Altersjahr war er aktiver Fussballer, stets in der Zentralschweiz. Er spielte zusammen mit Martin Andermatt und stieg als Mitglied der ersten Mannschaft mit dem FC Luzern in die NLB, die heutige Challenge League, ab. Schmid weiss: Um als Fussballer Karriere zu machen, muss ein Spieler nicht nur Haken schlagen können. Robustheit, Schnelligkeit, Taktik, Intelligenz und nicht zuletzt die Persönlichkeit eines Spielers sind weitere wichtige Faktoren, die über den Erfolg eines Talents mitentscheiden.

Hat der FCL-Sportkoordinator noch nie einen Transfer bereut? Gaugler denkt kurz nach und sagt: «Bereut nicht. Aber ich war nicht immer erfreut darüber, wie sich ein Spieler entwickelte.» In der Zentralschweiz gibt es diesbezüglich noch Nachholbedarf – vor allem im mentalen Bereich. «Ich stelle immer wieder fest, dass die Spieler zu schnell zufrieden sind, zu wenig Ehrgeiz haben, noch mehr aus sich rauszuholen», sagt Schmid und schiebt nach: «Aber daran kann man ja arbeiten.»