Der SC Kriens empfängt heute Samstag (Kleinfeld, 17.30) Rapperswil zum Spitzenkampf. Steht SCK-Trainer Marinko Jurendic (38) auch diesmal wieder mitten im Spielfeld?

Auch wenn der SC Kriens den Vertrag mit seinem Trainer eben erst bis Sommer 2018 verlängert hat, müssen sie sich beim SCK bewusst sein: Marinko Jurendic steht allerspätestens nach dem 2:1-Cup-Coup im August gegen das Super-League-Team des FC Thun in diversen Notizblöcken von Sportchefs der obersten beiden Schweizer Ligen. Erst am vergangenen Wochenende, als Wohlen-Trainer Martin Rueda in Richtung Wil weiterzog, wurde Jurendic als Wunschkandidat vom FC Wohlen zum Gespräch eingeladen.

Und Jurendic, was macht er? Er setzt sich an den Konferenztisch, hört sich die Wohlener Vorstellungen an und sagt nach einem Tag Bedenkzeit: «Ich fühle mich sehr geehrt. Aber der Zeitpunkt, das Timing passt nicht. Es ist nicht ein Entscheid gegen Wohlen, sondern ein Entscheid für Kriens.» Der Fussballlehrer ergänzt: «Eigentlich mache ich mich gar keine Gedanken über meine Karriereplanung. Die Aufgabe in Kriens erfüllt mich.» Jurendic, das ist ganz einfach ein grosser Glücksfall für den SC Kriens. Wie sehr ihn die Aufgabe erfüllt, durften die Krienser Fans während des Cup-Spiels gegen Thun hautnah miterleben. Der sonst so besonnene und üblicherweise in jeder dramatischen Situation an der Seitenlinie ruhig bleibende Jurendic fand sich wenige Minuten vor Spielschluss beim Stande von 2:1 für Kriens plötzlich vier Meter im Spielfeld stehend wieder. Die Thuner hatten sich nämlich bei einer letzten Freistossmöglichkeit in Mittellinie-Nähe um mehrere Meter nach vorne gemogelt, und der Schiedsrichter hatte dies nicht realisiert. «Das ist mir ganz unbewusst passiert», erinnert sich Jurendic, «offenbar wollte ich meiner Mannschaft zu Hilfe eilen, damit der Freistoss zurückversetzt wird.»

Bei der Grossmutter aufgewachsen
Doch wer ist dieser Jurendic eigentlich? 1977 im nördlichen kroatischen Teil von Bosnien geboren, wächst er grösstenteils bei seiner Grossmutter auf. 1986 kommt er zu seinen Eltern, die aus dem kleinen bosnischen Dorf Pecnik stammen, in die Schweiz, nach Ebikon. Schon als 15-Jähriger steht er beim Drittligisten FC Ebikon in der 1. Mannschaft und spielt später unter anderem mit dem heutigen Nationaltrainer Vladimir Petkovic beim SC Buochs. 2002 erlebt er unter Trainer Hanspeter Latour in Thun den Aufstieg in die NLA, infolge eines Leistenbruchs aber auch einen Karriereknick.

2009 beginnt er seine Arbeit beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) als Stürmertrainer, 2009 ist auch das Jahr seiner ersten Station als Klubtrainer – beim FC Ibach ist er Coach und Spieler zugleich. Seit 2014 ist er beim SC Kriens in einem 40-Prozent-Pensum angestellt, für den SFV erstellt er unterdessen in einem 60-Prozent-Job Konzepte für die Spielentwicklung sowie die Ausbildungsphilosophie und bildet als Chef der Stürmertrainer ebendiese aus.

Jurendic ist verheiratet, lebt mit seiner Frau und seinem 4-jährigen Sohn sowie einem Yorkshire-Terrier in Ennetbürgen. Der Sonntag ist für ihn in der Regel jener Tag, an dem er eine Fussball-Auszeit nimmt, «um ein Gefäss für Geist und Seele zu finden». Da kann es durchaus sein, dass man Jurendic in der St.-Anton-Kirche in Ennetbürgen oder in der Kirche der kroatischen Kirchengemeinde im Luzerner St.-Karli-Pfarramt antrifft.

Top 4 oder Aufstieg?
«Einzelne Spieler entwickeln und uns als Team weiterbringen», das ist Jurendics Slogan beim Promotion-League-Leader SC Kriens. Die Zielvorgabe sei, diese Saison unter die Top 4 zu gelangen, was die direkte Qualifikation für den Cup-Wettbewerb 2017 bedeuten würde. Doch nur allzu gerne würden die Krienser Fans ihren SCK am Ende der Saison zurück in der Challenge League sehen. Jurendic sagt: «Die Ambitionen hochhalten heisst, die Grenzen immer wieder zu verschieben. Das, was wir bis jetzt geleistet haben, ist eine gute Momentaufnahme, nicht mehr, nicht weniger.»

Nicht zuletzt durch Jurendic konnten zuletzt Krienser Topskorer wie Dejan Sorgic (Thun) und Ridge Munsy (Thun/GC) den Sprung in die Super League schaffen. «Den SC Kriens in den Profifussball zurückzuführen, das ist ein gutes Projekt, das ist meine Mission. Ich versuche, mir stets realistische Ziele zu setzen. Und möchte durch das aufleben, was ich im Moment gerade mache.»

Nun gilt es fürs Spitzenspiel gegen Aufstiegsaspirant Rapperswil, Farmteam der Grasshoppers, die Ambitionen hochzuhalten. Wenn dieses Duell für Krienser Geist und Seele positiv endet, dann darf Jurendic am Sonntag, vielleicht als Momentaufnahme nach dem Kirchenbesuch, durchaus auch mal ein wenig feiern.

«Beeindruckender Weg der kleinen Schritte»
Wie wird die Arbeit des Krienser Erfolgstrainers Marinko Jurendic beim SCK registriert, wie sein Wirken beim Schweizerischen Fussballverband (SFV)? Und: Was für ein Mensch ist Jurendic? Vier Personen, die praktisch täglich mit Jurendic zusammenarbeiten, charakterisieren den 38-Jährigen.

Werner Baumgartner (54, Präsident des SC Kriens): «Marinko Jurendic ist auf und neben dem Spielfeld eine ausserordentliche Persönlichkeit. Seine Hingabe für den Fussball und sein professionelles Vorgehen sind einfach beeindruckend. Er ist hundertprozentig zuverlässig, und ich habe hundert Prozent Vertrauen in ihn. Aber eigentlich steht für mich das Menschliche im Vordergrund, und auch hier kann ich sagen: Marinko ist ein ganz feiner Mensch.»

Bruno Galliker (52, Sportchef des SC Kriens):«Kriens und Jurendic – das passt! Marinko Jurendic trägt die Strategie und die Vision des Vereins vollumfänglich mit. Er leistet akribische Arbeit, packt alle Arbeiten detailliert an, überlässt nichts dem Zufall. Seine Ideen bringen den SC Kriens weiter. Als Mensch kenne ich Marinko schon rund 20Jahre und habe ihn immer geschätzt. Ich war ja damals in Gunzwil für ein Jahr sein Trainer, und seine Art hat mir schon damals imponiert.»

Nico Siegrist (25, Spieler des SC Kriens):«Unser Trainer ist detailversessen, und das meine ich durchaus im positiven Sinne. Er strebt im Fussball nach neuem Wissen. Marinko Jurendic ist überhaupt nicht autoritär, fordert die Meinung von erfahrenen Spielern ein und kann auch hervorragend mit jungen Fussballern arbeiten. Das Wichtigste ist für ihn die Entwicklung des Teamgeists, die Harmonie innerhalb der Mannschaft. Mit seiner offenen Art gelingt es Marinko Jurendic im SCKriens, in diesen Punkten voranzukommen.»

Laurent Prince (46, Technischer Direktor des S FV ): «Mit seiner sehr hohen Fachkompetenz und seiner überdurchschnittlichen Sozialkompetenz ist Marinko Jurendic ein absoluter Topmann für den SFV. Zusammen mit seinem ausgeprägten Arbeitseifer ergibt dies einen Mix, der es ihm ermöglichen wird, im Fussball sehr weit zu kommen. Was ich besonders bewundere, ist sein Weg der kleinen Schritte.»