Souveräner Aufstieg in die Promotion League, Cup-Spektakel gegen GC und der Sturm an die Tabellenspitze in der dritthöchsten Liga der Schweiz – beim SC Cham passte im Jahr 2015 einfach alles zusammen. An dieser Stelle schauen wir mit Trainer Jörg Portmann zurück auf die intensiven, aber sehr erfolgreichen letzten Monate.
Jörg Portmann, das Fussballjahr 2015 neigt sich nun definitiv dem Ende entgegen. Ein Jahr, welches für den Sportclub Cham enorm erfolgreich war. Was sind so deine Gedanken, wenn du zurück schaust?
Es ist in der Tat ein schon fast unglaubliches Jahr. Für mich bleiben neben den vielen Erfolgen und tollen Momenten ganz viele Eckpunkte in Erinnerung, welche für unsere momentane Situation mit verantwortlich sind. Dazu zähle ich unser Trainingslager im letzten Februar, die gesamte Vorbereitung, die Niederlage auswärts gegen YB, der hohe Sieg gegen Grenchen, wie natürlich auch die unglaublich erfolgreichen Aufstiegsspiele. Diese entscheidenden Spiele gegen Baden und Wettswil-Bonstetten sind irgendwie wie im Film vorbeigegangen. Besser hätte man ein Drehbuch nicht schreiben können. Zusammengefasst darf man sicherlich sagen, dass das Jahr 2015 sehr viel Spass gemacht hat und wir sehr stolz sein dürfen.
Die Bilanz dürfte daher auch sehr positiv ausfallen?
Ja selbstverständlich. Von einem solchen Jahr kannst du sonst ja eigentlich nur träumen. Es gab bei uns nie einen Augenblick, wo wir unsicher geworden sind, oder gar Zweifel aufkamen. Wir sind konzentriert unseren Weg gegangen und haben uns stetig weiterentwickelt. Frappant war die Entwicklung im mentalen Bereich, früher folgte einem guten Spiel oft ein schlechtes, oder wir begannen im Spiel stark und bauten zusehends ab, wenn wir merkten, wenn es gut läuft. Allerdings muss man auch ganz ehrlich und nüchtern festhalten, dass einige Spiele auch für uns gelaufen sind. Wir haben Spiele gewonnen, in welchen wir nicht überzeugten. Dies betrifft hauptsächlich die bisherigen 17 Spiele in der Promotion League. Wir waren sicher nicht ganz so souverän, wie man anhand der Tabelle meinen könnte. Auf der anderen Seite haben wir aber eine enorme Konstanz hingelegt und kassierten gegen die eigentlichen Topteams keine Niederlage. Ja und wie sagt man doch so schön, was du hast, das hast du und das kann dir keiner mehr nehmen.
Die Zahlen sind wirklich beeindruckend. Mit 34 Punkten aus 17 Spielen liegt der SC Cham an der Tabellenspitze. Dies zusammen mit dem grossen Favoriten Servette. Wie ist so etwas möglich? Oder anders gefragt, was ist das Erfolgsrezept?
Ganz ehrlich? Ich glaube, es gibt kein Erfolgsrezept. Um in der Tabelle vorne zu stehen braucht es im Team zuerst einfach fussballerische Qualität. Dies ist quasi die Grundlage, die Basis. Ja und diese Qualität und Spielintelligenz ist bei uns mit Sicherheit überdurchschnittlich vorhanden. Ebenfalls ein ganz wichtiger Faktor ist das Kollektiv, der Zusammenhalt. Solche Erfolge sind nur möglich, wenn du als Team auftrittst und sämtliche Spieler am gleichen Strick ziehen. Punkte, welche bei uns ganz einfach stimmen. Meine Mannschaft hat einen unglaublichen Willen und ist charakterlich einfach sehr stark. Egal was kommt, man hilft sich gegenseitig Auch wenn es mal nicht so läuft, steht immer das Team im Vordergrund. Auf diese Faktoren hat man als Trainer nur bedingt Einfluss, da nehme ich mich nicht allzu wichtig.
Wenn du zurückschaust, gibt es Spiele, welche dir besonders in Erinnerung sind?
Zum einen wäre da unser Heimspiel gegen den Nachwuchs vom FC Basel. Vor dieser Aufgabe hatte ich enorm Respekt. Im Nachhinein aber völlig unbegründet. Wir waren das stärkere Team und haben uns nahe an einen Spielrausch gespielt. Dass wir gegen Nachwuchsteams nicht mehr untergehen ist auch ein Zeichen der gesteigerten Qualität. Auf der anderen Seite steht das Heimspiel gegen Nyon. Wir kamen überhaupt nicht in die Gänge, wurden in der ersten Halbzeit total überfahren und hätten eigentlich hoffnungslos in Rückstand liegen müssen. Trotzdem gelang es uns, dass Spiel noch zu kehren und zu gewinnen. Ja und dann wäre da noch der Auftritt beim FC Breitenrain. Während 90 Minuten hatten wir keine einzige Torchance. Auch das hat es bei uns gegeben.
Ansprechen müssen wir auch noch die schon fast unheimliche Heimstärke. Seit 21 Spielen (17 Siege, 4 Unentschieden) ist die Mannschaft im Eizmoos ungeschlagen. Die letzte Niederlage datiert vom 6. September 2014.
Es ist der pure Wahnsinn, von einer solchen Bilanz kannst du eigentlich ebenfalls nur träumen. Eine stichhaltige Erklärung habe ich auch dafür nicht. Es ist einfach so, dass das Eizmoos für uns eine Wohlfühl-Oase ist und wir enorm gerne vor unseren Fans spielen. Auch der Platz kommt unserem Spiel sicherlich entgegen. Ja und irgendwann setzt sich eine solche Serie auch in den Köpfen der Spieler fest und man setzt alles Mögliche daran, die Serie aufrecht zu Halten. Da kannst du immer noch ein paar Prozent zulegen.
Dies alles stimmt aber für ein Spiel nicht. Im Würth-Schweizer Cup musste man eine bittere 1:4 Niederlage gegen GC Zürich hinnehmen. Dies, obwohl man bis wenige Minuten vor Schluss noch mit 1:0 in Führung lag.
Vielen Dank für die Erinnerung, nun sind die alten Wunden wieder offen (lächelt leicht gequält). Dieses Spiel, nein vielmehr der Ausgang, ärgert mich noch heute. Wir standen so kurz vor der Sensation. Hätten wir diese Führung nur noch ein wenig länger halten können, hätte es gereicht. So aber wurden wir am Schluss gnadenlos überrannt. Eine bittere Niederlage, an welche ich oft denke und die mich unglaublich ärgert. Auch mache ich mir selber den Vorwurf, dass ich im entscheidenden Moment vielleicht zu wenig Einfluss genommen habe. Vielleicht hätte ich der Mannschaft kurz vor dem Ausgleich oder gleich im Anschluss daran, mehr Anweisungen von aussen geben müssen. Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass die Sensation mehr als möglich gewesen wäre.
Gehen wir wieder zurück zu den positiven Punkten. Als Trainer bist du für die Mannschaft verantwortlich und stehst in der Öffentlichkeit. Nicht vergessen darf man aber auch deinen Staff, welche ebenfalls sehr viel für das Team machen.
Wenn man bei Cham von einem Top-Umfeld spricht, dann beginnt dies eben bei meinen Staffmitgliedern. Alle verkörpern genau das, was Cham ausmacht: Viel Ehrgeiz gepaart mit dem Gedanken als Familie zu funktionieren. Das ist einzigartig. Da kann man gar nicht genug danke sagen, mir ist es manchmal gar nicht so recht im Fokus zu stehen, denn was Pius, Moreno, Trango, Zoé und Lis leisten verdient meinen höchsten Respekt. Zudem kann ich behaupten, dass auch im Austausch mit unserem Sportchef Mäsi Werder die gleiche Sprache gesprochen wird. Und auf der Ebene der Kommunikation findest du ohnehin keinen Besseren als dich Frank. Das alles ist enorm wichtig. Wenn man ein Bild von „Am-gleichen-Strick-ziehen“ kreieren müsste, dann würde ich einfach ein Foto von unserem Staff machen.
Erfolge wie sie der SC Cham im Moment erleben darf, weckt auch immer ganz viel Interesse bei anderen Vereinen. Muss man damit rechnen, dass einzelne Spieler nun den Verein verlassen und zu einem anderen Club wechseln?
Ich rechne eigentlich nicht wirklich damit. Man muss sehen, wir sind im Moment die 21. beste Mannschaft der gesamten Schweiz. Die Spieler profitieren hier von einem Top-Umfeld. Zum einen kommt jeder zu viel Spielpraxis, da das Kader nicht übergross ist. Der sportliche Erfolg ist da, die Infrastruktur ist hervorragend und man fühlt sich hier einfach sehr wohl. Diese Mischung wirkt wie guter Leim, von Cham geht man nicht so schnell weg. Ich glaube, unsere Spieler sind sich dessen bewusst und werden nicht gleich bei jedem Angebot schwach. Die Spieler sollten den Sprung nur wagen, wenn sie spüren, dass sie nicht nur als Ergänzungsspieler irgendwo versauern.
Ja und wie sieht es bei dir persönlich aus?
Bis jetzt habe ich also noch keinen Anruf von Bayern München oder dem FC Basel erhalten, von daher ist die Gefahr nicht sehr gross. Nein im Ernst, für mich stellt sich die Frage im Moment nicht. Der SC Cham hat mir in den letzten Jahren so viel geboten und ich fühle mich hier richtig wohl und zu Hause. Das Vertrauen des Vereins ist viel mehr Wert als vieles andere. Hier stimmts für mich. Es ist für mich selber natürlich auch sehr schön zu sehen, dass meine Art und meine Philosophie ankomt und man damit auch Erfolg haben kann. Dadurch habe ich viel Selbstvertrauen gewonnen, auch wenn ich mir immer bewusst bin, dass mein Einfluss als Trainer ohne mitziehende Spieler nur beschränkt ist. Unsere Führungsspieler unterstützen mich dabei grossartig. Mit diesem Team hat man einfach immer Hunger auf mehr.
Wenn wir gleich dabei sind, was ist denn im kommenden Frühling und der Rückrunde alles noch möglich?
Grundsätzlich eigentlich alles. Wenn wir nämlich die letzten Jahre als Massstab nehmen, kann es eigentlich weiterhin nur bergauf gehen. Da wurden wir nämlich in der Rückrunde jeweils noch stärker. Aber wir müssen natürlich auch realistisch bleiben und ja nicht überheblich werden. Nur schon die Leistung aus der Vorrunde zu bestätigen, wird unglaublich schwierig. Auch müssen wir uns bewusst sein, dass es auch mal möglich ist, dass es nicht mehr so perfekt läuft und wir in eine Negativphase geraten. Gerade als gejagtes Team müssen wir sehr aufmerksam sein und demütig bleiben. Das wichtigste ist, dass wir weiterhin mit der gleichen Einstellung auftreten und uns selber bleiben. Wir wissen, woher wir kommen und was unsere Möglichkeiten sind. Wir wollen mit ehrlicher Arbeit und viel Einsatz zeigen, dass die Vorrunde kein Zufall gewesen ist. Abgerechnet wird erst ganz am Schluss nach der letzten Meisterschaftsrunde. Bis dahin nehmen wir ein Spiel nach dem anderen und versuchen, uns immer wieder zu verbessern. Die Mannschaft aber auch das gesamte Umfeld soll ganz einfach Spass und viel Freude haben.