Sportler aus dem Urnerland sorgen nicht nur auf dem Bike, als Ringer, im Triathlon oder im Wintersport für Furore. Mit Dario Zgraggen macht sich ein Erstfelder Fussballer auf, in die Fussstapfen von Heinz Moser zu treten.

In jüngster Vergangenheit haben aus Urner Sicht vor allem die Olympionikinnen Linda Indergand (Mountainbike) und Jolanda Annen (Triathlon) Schlagzeilen geliefert. Im Skirennsport gilt Aline Danioth zurzeit als grösste Urner Nachwuchshoffnung. Roman Furger steht als Nationalmannschaftsmitglied der Nordischen ebenfalls in den Startlöchern, um seiner internationalen Karriere als Langläufer weitere Highlights anzuhängen.

Während sich die erwähnten Sportlerinnen und Sportler bereits in beachtlicher Medienpräsenz sonnen können, hat ein weiterer Urner still und leise, und das in der eher lauten Fussballwelt, den Weg nach oben angetreten. Der 18-jährige Dario Zgraggen aus Erstfeld gehört aktuell dem U-21-Kader des FC Luzern an.

Fussballsport war immer eine Option
Angefangen hat für Zgraggen aber in der Schulzeit alles polysportiv: Leichtathletik, Crossläufe, Migros-Sprint und Siege in den verschiedensten Disziplinen bei den Jugi-Sporttagen. «Wir sahen Dario eigentlich schon in Leichtathletik, obwohl auch der Fussball – wie bei den meisten Knaben – immer eine Option war», erinnert sich seine Mutter. Und Vater Herbert unterstützte die fussballerischen Ambitionen der Kinder im Quartier Mohrenkopf mit dem Kauf von Kindertoren, die dann auch rege benutzt wurden.

Diese Trainings, zu denen auch die Väter nach der Arbeit mit einbezogen wurden, waren schliesslich die Initialzündung für die Fussballkarriere von Dario Zgraggen. Die Lehrjahre bestritt das Jungtalent beim ESC Erstfeld. Von 2005 bis 2010 machte er in den verschiedenen Juniorenabteilungen des Dorfvereins mit. «Dario war bei den D-Junioren neben dem Platz eher zurückhaltend und schüchtern», erinnert sich der damalige Trainer Tobias Kieliger. «Auf dem Platz zeigte er sich aber aufnahmefähig und sehr spielintelligent. Beeindruckend war, wie ‹einfach› er bereits damals das Spiel interpretieren konnte. Wenn andere versuchten, ins Lattenkreuz zu treffen, verstand es Dario, den Ball locker unten in die Ecke zu schieben.» Weitere Pluspunkte seien seine Ruhe und Sicherheit am Ball gewesen – trotz grosser Agilität. So sei die Anfrage der Talentspäher für einen Übertritt zum FCL auch nicht ganz überraschend gekommen. 2010 wurde dann der Übertritt in die U-13-Abteilung des FC Luzern perfekt.

Die 1. Sekundarklasse besuchte der Fussballschüler noch in Erstfeld, und auch eine Trainingseinheit konnte er noch mit dem ESC Erstfeld bestreiten. Das grosszügige Entgegenkommen der Schule Erstfeld, die Dario von der Turnstunde freistellte, aber auch der Mehreinsatz der Eltern mit Fahrdienst nach Luzern, boten Gewähr, dass Schule und Fussball vereinbar blieben.

Unterstützung der Familie ist zentral
«Dario war eigentlich schon immer ein unkompliziertes Kind», sagt Mutter Brigitte. «So machte es ihm keine grosse Mühe, zusätzliche Strapazen auf sich zu nehmen.» Das sei auch nicht der Fall gewesen, als er die zweite und dritte Sekundarstufe A in der Sportschule Kriens absolvierte und bereits morgens um halb sieben die Reise mit dem Tellbus nach Luzern antreten musste.

Ganz zentral blieb aber immer die Unterstützung der Eltern und von Schwester Sarah, die immer viel Verständnis für das Hobby ihres ‹kleinen› Bruders aufbrachte und ihre Ambitionen als Volleyballspielerin etwas hintenan stellte. 2011, im zweiten Jahr beim FC Luzern, erlebte Dario Zgraggen sportliche Höhepunkte fast im Wochentakt, angefangen mit der Berufung ins U-14-Kader des FC Luzern und der gleichzeitigen Beförderung zum Captain dieses Teams. Weitere Highlights folgten bereits in der Rückrunde mit dem Aufstieg ins U-15-Kader und der Teilnahme an Selektionsprüfungen für die Schweizer Nationalmannschaft. In diesen Jahren waren für den Innen- und Aussenverteidiger die beiden zweiten Plätze am VW-Cup (U13) und am Nike-Cup (U15) die eindrücklichsten Erlebnisse.

KV-Lehre wird auf vier Jahre verteilt
Seit Beginn der kaufmännischen Ausbildung bei Frei’s Talents School erarbeitet sich Dario Zgraggen zurzeit ein zweites Standbein neben dem Fussball. Die KV-Lehre wird auf vier Jahre verteilt, mit einem Start von eineinhalb Jahren Vollzeitschule, unterbrochen durch ein Jahr Praktikum mit einem halben Tag Schule dazwischen. Das Prozedere wiederholt sich dann mit einem weiteren Jahr Vollzeitschule und einem Praktikumsjahr mit weiteren Schuleinheiten bis hin zum Abschluss.

Dario Zgraggen: «Die momentane Situation ist eine ganz neue Erfahrung, da die ganze Karriere bisher schnurgerade verlief.»

Dem fleissigen Urner gelang der Spagat zwischen Schule und Sport optimal, denn er nahm auch die Hürden für das U-18-Kader bis hin zum U-21-Kader des FC Luzern, dem er zurzeit angehört, ohne grosse Probleme. Höhepunkt des laufenden Jahrs war für ihn die Teilnahme am Fifa-Youth-Cup 2016, einem internationalen Turnier, beim dem im Finaldurchgang und bei der anschliessenden Rangverkündigung über 6000 Zuschauer mitfieberten.

Bis sie als Spitzenfussballer im Rampenlicht stehen, ist der Weg für Dario Zgraggen und die weiteren Urner, die noch bei Kriens oder Luzern spielen, ein weiter Weg, der unter Umständen gar nie zum Ziel führt. Aktuell heisst es für das U-21-Talent aus Erstfeld immer noch: um 6.30 Uhr aus dem Haus, sechs Tage pro Woche mit Training und Schule sowie «Feierabend» um 20 Uhr. Für Musik und Freunde, also für Hobbys, die Dario gerne pflegen möchte, bleibt dabei wenig Zeit.

Reifungsprozess ist am Laufen
Dario ist aber gewillt, den strengen Weg weiterzugehen, obwohl es ihm aktuell nicht ganz nach Wunsch läuft und er sich plötzlich auch auf der Ersatzbank findet. «Die momentane Situation ist für mich eine ganz neue Erfahrung, da die ganze Karriere bisher schnurgerade verlief», so die nüchterne Analyse des immer bescheiden gebliebenen Talents. «Doch auch solche Phasen gehören zum Reifungsprozess, den ich zu durchlaufen habe.»

Das Ziel von Dario Zgraggen ist weiterhin klar: Er möchte den Status eines Profifussballers erreichen, wie es beispielsweise der Schattdorfer Heinz Moser geschafft hat, der aktuelle Trainer der Schweizer U-21-Nationalmannschaft. In erster Linie steht jetzt aber die erfolgreiche Lehrabschlussprüfung im Fokus – mit der Option, auch die Berufsmaturität ins Auge zu fassen, um auch das zweite Standbein zu festigen und weiter auszubauen.