Rückblick mit Roger Erni
Der ehemalige Spieler des SC Kriens Roger Erni erinnert sich an seine Zeiten im Stadion.
Von Albert Krütli, Sportredaktor Luzerner Zeitung
Vor mehr als 50 Jahren war es so weit: Nachdem meine Schulnoten den Vorstellungen meines Vaters entsprochen hatten, durfte ich endlich dem SC Kriens beitreten. Damals waren die Junioren C die unterste Stufe. Die Vorfreude auf den ersten Ernstkampf auf einem richtigen Fussballplatz war riesig, denn zuvor blieb mir nichts anderes übrig, als jede freie Minute auf dem Pausenplatz des Amlehn-Schulhauses oder auf dem Turnmätteli zu bolzen. Für uns Strassenfussballer war das Ziel plötzlich so gross wie ein Scheunentor. Und ich erinnere mich an das erste Spiel, als ob es erst gestern gewesen wäre. 7:1 bezwangen wir den FC Stans – für uns ganz grosses Kino auf dem Krienser Kleinfeld.
Zu jener Zeit stand auf dem Kleinfeld – neben den beiden Toren natürlich – lediglich eine kleine Holzhütte, in der jeweils der Pausentee gebraut wurde. Umziehen und duschen mussten wir uns im Brunnmatt-Schulhaus. Das hatte allerdings auch seine gute Seite. Nachdem wir jeweils die ungefähr 300 Meter zum Fussballplatz im Tempo eines Schnellzugs zurückgelegt hatten, verzichteten unsere Betreuer oft auf das alles andere als beliebte Einlaufen.
Offizielle Dresses gab es noch keine. Unsere Mütter sorgten dafür, dass wir einigermassen einheitlich zum Spiel erschienen: grünes Leibchen, schwarze Hose, das wars. Rückennummern fehlten natürlich. Dabei hätte ich so gerne die 14 gehabt – wie Hollands Superstar Johan Cruyff, mein Vorbild.
Auf dem Kleinfeld hatten aber nicht nur die Fussballer ihre Auftritte, sondern regelmässig auch einige Schafe, die als Dank immer wieder etwas liegen liessen. Der Unterhalt des Platzes war damals eben vorbildlich ökologisch: lebende Rasenmäher, die gleich noch den Dünger dazu lieferten.
Auch unsere Mannschaft lieferte. Ein Beispiel gefällig? Nachdem unser Betreuer vor einem Spiel die Aufstellung bekannt gegeben hatte, begann einer unserer Mitspieler plötzlich zu weinen. Er weinte, weil er zuschauen musste – ausgerechnet an dem Tag, an dem seine Eltern ihn im Einsatz sehen wollten. Voller Stolz lief er schliesslich mit der Startformation ein. Klar, dass einer von uns verzichtete – ganz grosses Kino auf dem Kleinfeld.
Meine Karriere entwickelte sich prächtig: Ich träumte davon, Fussballprofi zu werden. Es reichte schliesslich – typisch schweizerisch – immerhin zu einer Lehre bei der Luzerner Kantonalbank. Mein Berufswunsch erfüllte sich später dennoch – auch wenn nur ausserhalb des Platzes. Ich schrieb Storys und Matchberichte über den SC Kriens, als die Trainer Kudi Müller, Antoine Fagot, Jürgen Seeberger, Fritz Schmid und Urs Schönenberger hiessen und ab und zu ebenfalls für grosses Kino sorgten. Eine schöne Zeit. Und wenn sich während einer Partie nicht allzu viel Aufregendes ereignete, studierte ich den grossen Baum auf der gegenüberliegenden Seite der Tribüne, der wie ein Atompilz aussieht. Bleibt die Hoffnung, dass dieses Kunstwerk der Natur auch nach dem Stadion- Neubau noch zu bewundern sein wird.
Stimmen zum Stadion Kleinfeld
Paul Wolfisberg (83, ehemaliger Aufstiegstrainer): «40 Jahre ist es jetzt her, seit ich als Trainer mit dem SC Kriens in die Nationalliga B aufgestiegen bin. Für die Klubbeiz habe ich später sogar die Pläne gezeichnet. Das ‹Penalty-Stöbli› ist für mich als Architekt gewiss das erste meiner Gebäude, das abgerissen wird. Vom heutigen SCK-Vorstand habe ich einen sehr guten Eindruck.»
Maurizio Melina (41, Ex-Profi): «Mich verbindet eine emotionale Zeit mit dem Kleinfeld. Von 1996–2006 war es mein zweites Zuhause. Viele tolle Leute habe ich kennen lernen dürfen, die mein Leben bereichert und geprägt haben. Sportlich unvergesslich bleibt der Aufstieg 1997 in die NLA – aber auch den Titel als Torschützenkönig, den ich viermal in Folge erreichen durfte.»
Kudi Müller (68, ehemaliger Spielertrainer): «1981 startete ich auf dem Kleinfeld meine Trainerkarriere. Das Highlight war der NLB-Aufstieg 1985. Das Heimspiel verloren wir gegen Fribourg 1:2 und niemand rechnete mehr mit uns. Vor dem Rückspiel sagte ich meinem Team in der Kabine, dass wir 3:1 gewinnen werden – und wir siegten 3:1. War das eine schöne Zeit…»
Claudio Lustenberger (29, Ex-Junior): «Mit 5 begann ich beim SCK, dem Klub verdanke ich viel. Nach zwei Jahren Challenge League ging ich zum FCL. Speziell erinnere ich mich an den familiären Zusammenhalt sowie an den Orkan Lothar 1999, als ein Teil des Tribünendachs auf den Rasen fiel und wir als Zwölfjährige beim Aufräumen mithalfen –so gut es eben ging.»
Bigi Meier (67, ehemaliger Nachwuchschef): «Ich erinnere mich an ganz viele Junioren und ganz wenig Trainingsplätze. Und dennoch: Im Juniorenwesen übernahm der SC Kriens mit der Einführung der sogenannten Tagesstruktur im Verbund mit Training und Schule schweizweit eine Vorreiterrolle. Meine zwölf Jahre in Kriens – das war ganz einfach eine schöne Zeit.»
Reto Burri (40, ehemaliger Profistürmer): «Ich spielte bei YB, Sion und Luzern: Die schönsten Erinnerungen habe ich allerdings an den SC Kriens. Der Hype vor dem zweiten Aufstieg in die NLA 1997 war riesig. Ich weiss noch, als gegen den FC Luzern 6500 Zuschauer im Stadion waren, die Leute sogar über den Zaun kletterten und wir danach mit 3:0 gewannen.»
Jochen Dries (69, ehemaliger NLA-Trainer): «Ich habe am Sonntagmorgen vor einem NLA-Spiel noch eigenhändig den Kleinfeld-Rasen gemäht, weil ich mich vor dem gegnerischen Team über den Zustand des Spielfeldes schämte. Die einen Anwohner haben mir Kaffee und Gipfeli gebracht, die anderen Anwohner haben die Polizei gerufen. Ich habe es für den SC Kriens getan.»
Roger Erni (44, Ex-Stürmer): «Mit dem SC Kriens erlebte ich 1997 nach dem Aufstieg in die NLA einen Sommer, den ich nie mehr vergessen werde. Wir bezwangen auf dem Kleinfeld der Reihe nach den FC Luzern, GC und Basel. Beim 3:1-Sieg gegen Basel erzielte ich mein einziges NLA-Tor – und machte danach für meine Fans den berühmten ‹Ernie-Flieger›.»
Maurizio Jacobacci (53, ehemaliger Challenge-League-Trainer): «Wir fuhren als Aufsteiger vom Auswärtsspiel in Schötz nach Kriens, und vor dem Kleinfeld war die ganze Strasse voll von Fans, die auf uns warteten, besetzt. Das bleibt für mich unvergesslich. Und natürlich der Cup-Halbfinal gegen den FC Basel. Wir waren so nahe an der grossen Sensation, so nahe am Cupfinal.»