Laut der FC Luzern-Innerschweiz AG hat der Frauenvorstand die Anforderungen für die Integration in die Spitzensportabteilung nicht erfüllt. Frauenfinanzchef Daniel Remund hält dagegen.

Ende Juni tritt der gesamte Vorstand der Frauen des FC Luzern zurück. Er macht Platz für eine neue Führung der vier Frauenspitzenfussballteams (NLA, U19, U17, U15). In einer Medienmitteilung schrieb Finanzchef Daniel Remund im Namen des Vorstands: «Nach 13 Jahren Aufbauarbeit mit viel Engagement und Herzblut mussten wir akzeptieren, dass der für die Zukunft so wichtige Schritt, die Integration von unserer Spitzensportsektion in die FC Luzern-Innerschweiz AG, nicht stattfinden wird.»

Harter Tobak für die FCL-Frauen. 2015 sah die Perspektive doch so vielversprechend aus. Ursprünglich hatten sich damals beide Parteien auf eine festge­haltene «Vision 2020» des FCL-Frauenspitzensports geeinigt. Hier die wesentlichsten Punkte:

  • Einführung Halbprofessionalität für zwei bis vier Leistungsträgerinnen.
  • Sportchef, Trainer NLA und Leiter Geschäftsstelle mit je 50-Prozent-Arbeitspensum.
  • Erhöhung des Budgets auf mindestens 750000 Franken.

Der nun zurücktretende Vorstand unter der Leitung von Peter Strohhammer habe die Vorgaben in der Absichtserklärung vom 28. April 2014 der FC Luzern-Innerschweiz AG (FCLI AG), unterzeichnet vom damaligen Sportchef Alex Frei und von Präsident Ruedi Stäger, nicht erfüllt. So argumentiert die FCLI AG in einem Schreiben an den Vorstand des FC-Luzern-Spitzenfussballs Frauen vom 23. Februar 2017. Unterzeichnet wurde dieser Brief von Verwaltungsratspräsident Philipp Studhalter und CEO Marcel Kälin. In der Absichtserklärung von 2014 wurde unter anderem festgehalten, dass in der Phase der Integration der sich zurückziehende Vorstand eine Saison lang um die finanziellen Mittel und die personelle Betreuung kümmern müsse.

Defizit auf rund 60000 Franken reduziert
Diese Unterstellungen, den Pflichten nicht nachgekommen zu sein, wollte sich Daniel Remund im Auftrag des gesamten Frauenvorstands, nicht gefallen lassen. «Wir haben sämtliche Auflagen erfüllt», sagt der Inhaber einer Treuhandfirma bestimmt und brachte viel Material in unserer Redaktion vorbei, um das alles zu beweisen. Pikant: Die Integration in den Spitzensport hätte gemäss Übereinkunft bereits letzten Frühling erfolgen sollen. Nach Sichtung der Unterlagen zeigt sich: Der FCL-Frauenvorstand hat seine Pflichten stets erfüllt. «Nach der Absichtserklärung wurden wir drei Jahre lang hingehalten. Während dieser Zeit erhöhten wir das Budget von 230000 auf 459000 Franken für die Saison 2016/17. Der Verlust ging dennoch von 105000 Franken auf rund 60000 Franken für die laufende Saison zurück.» Die Defizite werden vollumfänglich persönlich durch den Frauenvorstand übernommen, ohne dass je ein Rappen vom FC Luzern geflossen wäre, und die in der Absichtserklärung verlangten Projektteams wurden nie gebildet, stellt Remund klar.

«Wir wurden drei Jahre lang hingehalten.»

Daniel Remund, Finanzchef FCL-Frauen

Das finanzielle Risiko war also nie grösser als 105 000 Franken pro Jahr. «Die FCLI AG war sich dessen bewusst, dass sie ein Risiko in der Höhe von rund 100 000 Franken pro Jahr auf sich nehmen würde», sagt Remund. In einem Schreiben vom 26. November 2016, unterzeichnet von CEO Kälin, sollen sich einzelne Investoren der FCLI AG bereiterklärt haben, die FCL-Frauen ausserhalb der Buchhaltung der AG zu unterstützen. Wer diese grosszügigen Investoren sein sollen, ist bisher nicht bekannt.

Der FC Luzern verlangt Bearbeitungsgebühr
Die FCLI AG argumentiert heute, dass die Absage an die Spitzenfussballerinnen hauptsächlich aus finanziellen Überlegungen zu Stande gekommen sei. «Die Investoren sind angesichts des jährlichen strukturellen Defizits von rund 2 Millionen Franken nicht bereit, noch mehr Gelder einzuschiessen», erklärt Mediensprecher Max Fischer (siehe unten).

In der Begründung des Verwaltungsrates vom 26. November 2016 für die Absage der Integration seien aber auch Punkte aufgeführt, die vorher nie thematisiert worden seien, sagt Remund. «Das ist, wie wenn während eines Spiels die Spielregeln geändert würden. Fakt ist, für das geplante Leistungszentrum der Knaben und die U17 hat es zu wenig Platz, deshalb muss der Frauenspitzenfussball möglichst schnell weg, und nicht, weil wir die in der Absichtserklärung vereinbarten Bedingungen nicht erfüllt haben», entgegnet Remund. Die FCLI AG versuche auch darzulegen, «was sie alles für uns getan hätte, um in der Politik und der Öffentlichkeit gut dazustehen», vermutet Remund. «So steht im Bericht ‹Deshalb will der FCL die Frauen nicht› (Ausgabe vom 1. Mai, Anmerkung der Redaktion), sie seien bereit, für Leistungen wie Kleider, Sportmaterial, Kommunikationsmittel und Internetauftritt wie bisher aufzukommen.» Tatsächlich erhalten die Frauen für Kleider und Sportmaterial 50 Prozent Rabatt. Dies seien übliche Konditionen, so Remund. «Mit ‹Kommunikationsmittel› wissen wir nicht, was sie damit meinen. Beim Internetauftritt hat der FCL lediglich einen Link von ihrer Hompage auf unsere gelegt.»

Gemäss Remund seien dies noch nicht sämtliche Fehlinformationen, die gestreut worden seien. «Im Newsletter ‹FCL Insider› vom 2. Mai wird sogar erwähnt, dass sie für uns die Personalbuchhaltung führten. Korrekt ist, dass von zwölf Lohnbezügern ein einziger, Dieter Münstermann, der Trainer der NLA-Mannschaft, über die FCLI AG abgewickelt wird.» Das sei wegen der Abgaben der beruflichen Vorsorge so. Der Lohn inklusive Arbeitgeberbeiträge und Bearbeitungsgebühr wird seit dieser Saison vom FCL-Frauenvorstand zurückerstattet.

FCL-CEO Kälin tritt im «FCL Insider» nach
Nicht alle im Betrieb der FCLI AG seien ablehnend gegenüber den Frauen gewesen. «Es gibt Mitarbeiter, die uns unterstützt haben, diesen Personen sind wir auch dankbar», erklärt Remund. Währenddessen hätten sich Studhalter und Kälin gar nicht gesprächsbereit gezeigt.

Im bereits erwähnten «FCL Insider» tritt CEO Kälin zudem gegen Remund und Co. nach: «Unser Dank gilt auch dem Engagement des IFV-Präsidenten und FCL-Beirats Urs Dickerhof, welcher unsere Inputs aufgenommen und mit viel Einsatz in letzter Minute eine Nachfolge­regelung für den verantwortungslos zurückgetretenen Frauenvorstand gefunden hat und so die Tagesstrukturen der Schülerinnen rettet.» Der Innerschweizerische Fussballverband ist in diesen Tagen mit Hochdruck dar­an, eine Lösung für den Leistungsfussball Frauen in unserer Region zu finden (siehe Ausgabe vom 28. April). Und Remund versichert, dass sich der abtretende Vorstand nicht einfach, wie vom FCL-CEO suggeriert, davonstehlen wird. «Wir werden dem neuen Vorstand Beratung jeglicher Art anbieten.»

Die neuen Vorstandsmitglieder gibt der IFV bekannt, sobald eine Lösung des Frauenspitzenfussballs präsentiert werden kann. Durchgesickert ist bis anhin, dass sich Angehörige von Spielerinnen zur Verfügung gestellt haben.

Stellungnahme: So reagiert der FC Luzern
Zu den Vorwürfen des Frauenvorstandes nimmt FCL-Kommunikationschef Max Fischer schriftlich Stellung. So habe die Integration auf die Saison 16/17 aus Sicht des FCL nicht stattgefunden, weil die finanzielle Unabhängigkeit nicht garantiert werden konnte. «Wenn die Vorstandsmitglieder, die jetzt sofort und zusammen zurücktreten, die Defizite decken, ist das zwar verdienstvoll, aber keineswegs eine nachhaltige Lösung», so Fischer. «Darunter verstehen wir regelmässige, gesicherte Einnahmen über einen längeren Zeitraum – zum Beispiel durch Sponsoren oder Werbepartner.»

Da dieser Nachweis nie geliefert werden konnte, seien seitens FCL auch nie Projektteams für den Integrationsprozess eingesetzt worden. Fischer bekräftigt, dass einzelne Investoren durchaus bereit gewesen wären, unabhängig von ihrem Engagement für die FCL Holding privat Geld einzuschiessen. «Aber diese Leute verlangten einen sauberen Businessplan mit Budget – den haben sie leider nie erhalten.» Wer diese Investoren sind, erläutert Fischer nicht.

Der Frauenvorstand gelangte ursprünglich mit einem Budget von 500 000 bis 750 000 an die FCL Innerschweiz AG respektive die FCL Holding AG. Die Zahlen bezogen sich auf alle vier Frauenteams im Spitzensport. Der FCL ist der Ansicht, für ein Nationalligateam reichten 150000 Franken, 300000 Franken seien schon ein «sehr schönes Budget». Er beruft sich dabei auf Aussagen von Franziska Schild, Ressortleiterin Mädchen- und Frauenfussball beim Schweizerischen Fussballverband. Nur mit mehr Geld könne man zwar einen Spitzenplatz anstreben, so Fischer. Aber wie bei den Männern gelte: «Irgendjemand muss das bezahlen.» Zur Vermutung des Frauenvorstandes, dass in erster Linie räumliche Gründe für die Nicht-Integration verantwortlich seien, schreibt Fischer: «Neben dem finanziellen Aspekt ist das Platzproblem auf der Allmend der Hauptgrund.»

Die harte Kritik am Frauenvorstand von CEO Marcel Kälin im «FCL Insider» – er bezeichnete den Rücktritt des Vorstands als «verantwortungslos» – relativiert Medienchef Fischer. «Einfach den Bettel hinschmeissen zeugt nicht von einer souveränen Haltung.» Das ändere aber nichts ­daran, dass auch der FCL die ­Verdienste und das finanzielle Engagement dieser Leute «ausserordentlich» schätze.