Der Schweizer Fussballverband (SFV) professionalisiert sein Schiedsrichterwesen. Ab Januar erhalten alle FIFA-Schiedsrichter und ein Teil der FIFA-Assistenten hierzulande höhere Entschädigungen, im Gegenzug reduzieren sie ihr berufliches Engagement. Einer von ihnen ist Raffael Zeder (37) – seit mehr als 13 Jahren Schiedsrichter-Assistent im Profifussball und seit 11 Jahren als FIFA-Assistent auch auf ausländischen Fussballplätzen im Einsatz. Lizenziert ist er beim SC Kriens.

Raffael Zeder, weshalb ist diese Professionalisierung der Schiedsrichter aus deiner Sicht nötig?

Das «Produkt» Fussball ist momentan sehr erfolgreich. Wir Schiedsrichter sind zwar nach wie vor nicht die Hauptakteure dieses Produkts und sollten es auch nie sein oder werden. Aber wir bieten mit unserer Spielleitung den Rahmen, für ein möglichst attraktives Spiel. In diesem Sinne ist es aus meiner Sicht unumgänglich, dass auch wir uns stetig weiterentwickeln und verbessern. Diese Teilprofessionalisierung ist ein weiterer Schritt auf diesem Weg und in diesem Sinne absolut notwendig.

Es braucht neben den vielen jungen Schiedsrichtern und Assistenten auch den einen oder anderen mit etwas angegrauten Haaren.

Ab dem 1. Januar bist du als FIFA-Assistent Halbprofi. Weshalb hast du dich zu diesem Schritt entschieden?

Ich übe diese Tätigkeit als Assistent im Profifussball schon seit vielen Jahren aus und die Anforderungen sind stetig gestiegen. Ich spreche hier nicht nur von einem immer höheren Trainingsaufwand aufgrund des immer schneller werdenden Spiels, sondern auch über einen viel grösseren Zeitaufwand in Bezug auf die Vor- und Nachbereitung von Spielen, Kursen, Reisen und so weiter. Daneben bin ich hauptberuflich als Rechtsanwalt ziemlich ausgelastet und möchte auch meine Familie nicht zu kurz kommen lassen.

Die neue Teilzeitanstellung bietet mir die Möglichkeit, meine Schiedsrichtertätigkeit auch in Zukunft, mit der im Spitzenfussball unumgänglichen Professionalität, noch ein paar Jahre weiter ausüben zu können. Denn wie Laurent Prince (der Technische Direktor des SFVs) völlig zu Recht festgehalten hat, braucht es neben den vielen jungen Schiedsrichtern und Assistenten auch den einen oder anderen mit etwas angegrauten Haaren.

Welche konkreten Auswirkungen hat der Status als Halbprofi auf deine Assistenten-Tätigkeit?

Rein quantitativ dürfte der Umfang der Trainings nicht wesentlich höher werden. Unser Kader ist bereits heute absolut topfit und braucht sich diesbezüglich auch im internationalen Vergleich nicht zu verstecken. Es wird aber sicher mehr gemeinsame Trainings des ganzen Schiedsrichter-Kaders geben und auch die theoretische Arbeit wird noch weiter intensiviert. Zudem beginnt ab Januar 2018 auch ein neues Projekt, bei dem die Assistenten individuell mit einem Mentalcoach arbeiten werden. Dies blieb bisher den Schiedsrichtern vorbehalten. Auch wird der aktiven Regeneration ein deutlich höherer Stellenwert zukommen als bisher, dafür war die Zeit bis jetzt schlicht nicht vorhanden.

Fussball ist heutzutage im Profibereich vor allem eines, nämlich ein ganz grosses Geschäft.

Steigt durch diese Teil-Professionalisierung auch die Erwartungshaltung an die Schiedsrichter?

Ich glaube nicht dass der Druck steigen wird. Jeder weiss, dass auch ein Profi Fehler machen wird, da müssen wir nur über die Grenzen nach Deutschland, England oder Italien schauen. Ich glaube aber, dass die Akzeptanz steigen wird. Denn bis anhin waren wir ja wirklich die einzigen im Profifussball, die noch über einen Amateurstatuts verfügten. Selbst der Platz- und Materialwart ist schon überall Profi.

In Deutschland ist der Videobeweis jedes Wochenende ein viel diskutiertes Thema. Was ist deine Meinung zu diesem zusätzlichen Schiedsrichter?

Im Moment kämpft das System noch mit ein paar Kinderkrankheiten. Grundsätzlich finde ich die eingeschlagene Entwicklung aber sehr positiv, vor allem aus Schiedsrichteroptik.

Für den Fan im Stadion kann das Warten auf einen Entscheid aber zum Emotionskiller werden?

Ich kann zwar nachvollziehen, dass es für den Zuschauer im Stadion mitunter nervig sein kann, wenn er nach einem Tor noch zwei oder drei Minuten warten muss, bis er befreit jubeln kann oder ihm dann unter Umständen der Torjubel im Hals stecken bleibt. Aber jeder, der schon mal bei einem wichtigen Spiel einen spielentscheidenden Fehlentscheid gefällt und danach tagelang nur schlecht oder gar nicht geschlafen hat, wird sich wünschen, dass diese Zeit bald vorüber geht.

Und letztlich dürfen wir bei aller Fussballromantik eines nicht vergessen: Fussball ist heutzutage im Profibereich vor allem eines, nämlich ein ganz grosses Geschäft. Es kann in einem Spiel um Millionen gehen, der Druck für alle Beteiligten ist enorm und da brauchen wir von den Schiedsrichtern nur eines, nämlich korrekte Entscheide. Wenn es dafür taugliche Hilfsmittel wie den Videobeweis gibt, umso besser.