„Die Liga ist zu schnell, da können wir nicht nur auf technisch starke Spieler setzen. Wir brauchen Tempo in unserem Spiel, sonst holen wir die Saison gar nichts!“

Sätze wie diese sind trauriger Alltag in der Schweizer und Deutschlands Nachwuchsszene, schreibt QUIPE* in ihrer aktuellen Publikation. Besonders in Vereinen, die mit ihren Jugendteams in verhältnismässig höhere Ligen spielen. Es ist verständlich, man möchte den Ruf der guten Nachwuchsarbeit im Verein nicht gefährden, indem man aus guten Ligen absteigt. Aber um welchen Preis?

In diesen Vereinen, von denen wir sprechen, wird gute Ausbildungsarbeit geleistet. Das sind Vereine, die in der Region bekannt sind und nach Leistungszentren die erste Anlaufstelle für Nachwuchstalente sind. Von dem oben genannten Prinzip wollen wir Nachwuchsleistungszentren aber nicht ausschliessen. In den Elite-Einrichtungen hat die Spielklasse eine noch wichtigere Rolle für den Verein. Und auch dort werden talentiert Fussballer aufgrund körperlicher Defizite aussortiert.

Aber bei der Frage nach Talent wird immer wieder klar: Talente sind nur so gut, so lange das Ergebnis stimmt. Diese Ansicht ist fatal. Dabei würde das wohl kaum ein Jugendtrainer unterschreiben. Aber wieso bleibt es in der Praxis dabei, dass aufgrund von ergebnisorientierter Ausbildung Spieler auf die Bank gesetzt oder ausgebootet werden? Spieler, die gute Fussballer sind, aber schlicht zu langsam oder körperlich schwach?

Die Rede ist nicht von 18, 19 oder 20-jährigen Spielern. Wir sprechen von Spielern, die auf dem Sprung von der D- in die C-Jugend sind. Hier werden reihenweise technomotorisch gut ausgebildete, talentierte Spieler aussortiert und zwangsläufig in ihrer Entwicklung gebremst.

Dieses „Phänomen“ lässt sich einfach erklären: Von der D- in die C-Jugend findet in der Regel der Wechsel auf das Grossfeld (11er-Feld) statt. Für die Spieler sind die Räume nun grösser, die Wege länger und mühevoller. Urplötzlich sind diejenigen Spieler im Vorteil, die gross gewachsen sind und gute athletische Voraussetzungen besitzen – vor allem besonders schnell sind. Da kann der kleine Max ein noch so gutes Stellungsspiel haben und noch so gute Pässe spielen, wenn der bullige Sven mit Tempo auf ihn zuläuft, sich den Ball einfach vorbei legt und hinterher sprintet, bleibt für Max kaum was zu holen.

Dass Max wahrscheinlich im Herbst oder Winter geboren ist, und Sven wohl am Anfang desselben Jahres, das soll nochmal ein anderes Thema sein. Aber grundsätzlich ist dieser zu beobachtende Unterschied auf dem Platz nicht abzustreiten. Hier ist nun Trainerkompetenz gefragt!

Welche Perspektive haben Max und Sven? Wer von beiden ist wirklich im Vorteil bzw. Nachteil, wenn wir uns auf den Ausbildungsauftrag beziehen? Wir wollen jeden Spieler individuell besser machen. Dazu muss ich zunächst die Stärken und Schwächen der einzelnen Spieler genau kennen. Dann – und zwar noch viel wichtiger – muss ich als Trainer wissen, in welchem Alter die Spieler besonders empfänglich für bestimmte Trainingsreize sind (Stichwort: Sensible Phasen).

Wenn sich Trainer häufiger darüber bewusst wären und ihr Sieger-Ego ein wenig hintenanstellten, würden uns weniger hochbegabte Spieler von der D- in die C-Jugend durch das Raster fallen. Denn diese Spieler müssen plötzlich in Teams spielen – wenn sie aus Frust und Enttäuschung nicht komplett aufgehört haben Fussball zu spielen – in denen sie technisch und kognitiv unterfordert sind. Ihre Entwicklung stagniert und ihr Potential wird nicht gefördert wie es in einer leistungsstärkeren Liga möglich gewesen wäre. Vor Allem: sie können an das höhere Tempo gar nicht erst adaptieren!

In der B-Jugend fängt man plötzlich wieder an, den Spielern das Passen und Annehmen beizubringen. Fähigkeiten, die der kleine Max schon immer hatte. Dass es nun aber zu spät ist, Spielern die Grundfähigkeiten des Fussballs beizubringen und dass es viel einfacher gewesen wäre den kleinen Max schneller zu machen, das wissen nur die wenigsten Trainer.

So bleibt zu hoffen, dass im Kampf um Talente eine grössere Beachtung den vermeintlich „kleineren“, „schwächeren“ und „langsameren“ Spielern geschenkt wird, da wir genau unter diesen Spielern die grössten Potentiale in die zweite Garde schicken.

Und am Rande erwähnt: Wenn der 1,40m Zwerg sich besser durchsetzen kann als der 1,80m Hüne, dann sollte es mir als Trainer reichlich egal sein, ob mein 13-jähriger Schützling zwei Köpfe kleiner ist als der Gegner. Denn am Ende „setzt“ sich immer einer „durch“. Und das ist nicht immer der Grösste und Schnellste…

* QUIPE will die Nachwuchsausbildung im Fussball revolutionieren. QUIPE hilft die wahren Diamanten schneller zu identifizieren, effizienter auszubilden und Entwicklungen vorherzusehen. Mehr im Web unter quipe.de oder auf Facebook.