Mit 16 zog er nach Italien, spielte beinahe in der Serie A und stand mit Cristiano Ronaldo, Higuain und Giorgio Chiellini auf dem Platz. Beim SC Kriens gehört der 25-jährige Ransford Selasi heute zu den Routiniers.

25 Jahre alt ist Ransford Selasi geworden. Er gehört zu den älteren Spielern im SCK-Kader und war ein Wunschtransfer von Bruno Galliker im vergangenen Sommer. Der SCK-Sportchef hält viel vom agilen und laufstarken defensiven Mittelfeldspieler. «An guten Tagen gehört er für mich zu den besten Sechsern der Challenge League», sagt Bruno Galliker.

Ransford Selasis Vertrag beim FC Lugano lief im vergangenen Sommer aus, andere Möglichkeiten lagen zwar auf dem Tisch, aber Selasi unterschrieb nach sechs Monaten Leihe für diese Saison definitiv im Kleinfeld. «Es hat sich richtig angefühlt beim SCKriens zu bleiben. Ich bin glücklich hier, Kriens ist mein zu Hause. Hier vermisse ich meine Familie kaum.»

«Wir müssen die Leute überzeugen, dass wir besser sind als das, was sie bisher von uns gesehen haben», sagt Ransford Selasi zur aktuellen Situation des SC Kriens (Bild: SC Kriens).

Im Alter von 16 Jahren verliess Ransford Selasi Ghana mit dem Ziel in Italiens Fussball Fuss zu fassen. Es hätte auch Frankreich, England oder Bulgarien sein können, in Italien kannte er einfach jemanden der jemanden kannte der Kontakte zum italienischen Verein Pescara hatte.

Diese Umschreibung seiner Auswanderung muss reichen, findet Ransford. «Ich hatte immer Menschen, an die ich mich wenden konnte und ich wurde nie schlecht behandelt.» Aber Ransford war oft seiner Selbständigkeit überlassen. In jungen Jahren schon. «Ich war schon in Ghana viel unterwegs, war selten zu Hause bei meiner Mutter. Ich konnte gut auf mich selber aufpassen.»

Seine Mutter hatte ihm zu dem Schritt nach Europa geraten «sie sah darin eine grosse Chance für mich.» Der Vater war gestorben als Ransford jünger war, neben seiner Mutter wohnen seine Halbschwester und sein Halbbruder noch heute in Ghana. «Ich versuche einmal pro Jahr nach Hause zu reisen. Das war jetzt mit Corona schwierig, aber im vergangenen Sommer war ich drei Wochen dort. Das hat gut getan.» Seine Mutter habe ihn beauftragt, einige SCK-Shirts nach Ghana zu schicken. Ihr gefalle die grünweisse Farbkombination.

«Nach fünf Jahren in den unteren italienischen Ligen hatte ich genug. Das ist wie Krieg dort, viel Kampf wenig Taktik oder Technik.»

Ransford Selasi und der italienische Fussball

Blauweiss. Das waren damals die Farben von Pescara. Der Verein aus der Stadt in den Abruzzen kickte bei Ransford Selasis Ankunft in der Serie A. Ransford kam im Nachwuchsteam unter, wohnte bei einer Familie, lernte die Sprache und trainierte ab und zu mit den Profis. Er war schnell angekommen, hatte kaum Anpassungsschwierigkeiten.

17 Jahre alt war er erst. Zum Ende der Saison bekam er die Chance im Profiteam aufzulaufen, es gab verletzte Spieler und Pescara stand praktisch als Absteiger in die Serie B fest. «Ich wusste ‘I need to kill it’.» Zwar stieg Pescara tatsächlich ab, die Italiener gaben Ransford Selasi aber einen Vertrag über fünf Jahre.

Drei davon kickte er bei Pescara, in der Serie B. Dreimal wurde er ausgeliehen. Einmal nach Novara, einmal nach Lecce und einmal zu AJ Fano. Immer spielte er, machte zahlreiche Spiele in der Serie C und Serie D. Nach den fünf Jahren bei Pescara kam er dort auf 47 Einsätze und einen Assist.

Zwei der wenigen SCK-Routiniers. Marjan Urtic und Ransford Selasi (Bild: SC Kriens).

«Insgesamt war es ok. Es gab schwierige Phasen für mich. Einmal war ich ein halbes Jahr lang an der Leiste verletzt und niemand wusste, was das Problem war. Erst als ich nach Bologna zu Spezialisten ging wurde es besser. Aber überall, wo ich war, konnte ich spielen. Nach fünf Jahren in den unteren italienischen Ligen hatte ich allerdings genug. Das ist wie Krieg dort, viel Kampf wenig Taktik oder Technik und ich wusste, dass ich gut genug war, um mindestens Serie B zu spielen.»

Pescara wollte den Vertrag zwar verlängern, aber Ransford Selasi wieder ausleihen. «Sie bestanden darauf, also ging ich.» Er trainierte fortan mit Spielern zusammen, die darauf warteten, sonst wohin ausgeliehen zu werden. «Am Schluss waren wir noch zu viert. Irgendwann rief mein Manager an und sagte, es gäbe diese Möglichkeit zu Juventus Turin in den U23-Nachwuchs zu gehen.»

Ransford Selasi war bereits 23 Jahre alt und somit zu alt für den Nachwuchs der alten Dame. Eigentlich. Das italienische Spielreglement sieht aber vor, dass man in diesen Nachwuchsteams auch drei Spieler einsetzen kann, die älter sind als 23 Jahre. «Es gab einige Spieler die älter waren im Kader, ich war sozusagen deren Backup, spielte nur, wenn die verletzt ausfielen. Das Gute war, ich konnte bei Juve relativ schnell mit der ersten Mannschaft trainieren, weil es dort immer wieder Verletzte gab und sie nicht nur Nachwuchsspieler hochziehen wollten.»

«Was all diese Topspieler verbindet ist der fast unstillbare Hunger noch besser zu werden, der Hunger nach Erfolg. Das war bei Ronaldo so, bei Chiellini sowieso, eigentlich bei allen.»

Ransford Selasi über seine Zeit bei Juventus Turin

Und so stand Ransford Selasi plötzlich nicht mehr auf einem Nebenplatz in Pescara, sondern auf dem perfekten Grün der Trainingsanlage von Juventus Turin. Zusammen mit Ronaldo, Chiellini, Bonucci, Higuain und Dybala. Eine andere Welt und trotzdem nur Fussball. «Man lernt sehr viel, wenn man mit diesen Menschen Fussball spielt. Ich würde sagen, was all diese Topspieler verbindet ist der fast unstillbare Hunger noch besser zu werden, der Hunger nach Erfolg. Das war bei Ronaldo so, bei Chiellini sowieso, eigentlich bei allen. Die haben alles gemacht für den Erfolg.»

Oft spielte Ransford Selasi nicht bei der U23. «Aber das war Ok», die Trainings mit den Profis waren mehr als eine Entschädigung dafür.

«Irgendwann vergisst man, mit wem man auf dem Feld steht und will die Zweikämpfe gewinnen, auch wenn du gegen Ronaldo hinstehen musst. Der Name, das Geld oder der Rum spielt dann keine Rolle mehr. Das ist mehr etwas fürs Drumherum. Auf dem Feld sind alle gleich. Alle geben immer alles. Auch die, die eigentlich nicht mehr müssen. Die umso mehr.»

Chiellini und Ronaldo hätten oft am härtesten trainiert, seien gerannt wie die Jungen. Es gab keine Zurückhaltung. «Ich dachte immer, wenn die das machen, und die sind 34 Jahre alt, haben die Champions League gewonnen, sind Europameister, dann muss ich junger Spieler noch viel mehr machen. Aber die waren immer da. Wenn ich ins Training gekommen bin, waren sie schon im Fitness, wenn ich todmüde nach Hause ging, gingen sie nochmals ins Fitness.»

Ransford Selasi im letzten Spiel gegen Xamax (Bild: Daniel Gehrig).

Ransford Selasi kommt ins Schwärmen, wenn er von diesen Monaten bei den Profis von Juventus Turin erzählt. Und, ist Ronaldo wirklich so gut? «Ja, kein Scherz. Dem konntest du zehn Bälle hinlegen. 20 Meter vor dem Tor und sagen: ‘Schiess 10 ins Lattenkreuz.’ Acht gingen immer in den Winkel, einer an die Latte und höchstens einer ganz am Tor vorbei. Ich habe oft gestaunt.» Sechs, sieben Monate trainierte er bei Juve. Im Januar 2020 folgte der Wechsel nach Lugano in die Super League.

«Nach dieser Zeit bei Juventus fühlte ich mich bereit. Ich bin nach Ghana geflogen, um meine Familie über Weihnachten zu sehen, kam zurück und hatte ein Angebot von Lugano. Ich wollte spielen und Lugano war in der höchsten Liga der Schweiz, also eine gute Sache für mich.» Den Präsidenten von Lugano kannte er ein bisschen, sein Bruder besass ein Restaurant in Pescara und dort hatte er ihn ab und zu getroffen. Kleine Fussballwelt.

Mit dem Wechsel im Winter 2020 ins Kleinfeld wurde diese Fussballwelt noch etwas kleiner für Ransford Selasi. «Ich habe mich in Kriens sofort sehr wohl gefühlt. Mit den Menschen hier im Club, in der Vereinsführung und im Team und deshalb habe ich mich dann später auch entschieden zu bleiben.»

Wohlmöglich ist der SC Kriens eine weitere Zwischenstation auf der Fussball-Reise von Ransford Selasi. Eine, an die er sich aber sehr gerne zurückerinnern wird, irgendwann. «Mal schauen, vielleicht lerne ich noch Skifahren und bleibe hier», lacht er. «Mir gefällt es auf jeden Fall sehr gut im Kleinfeld.»

Auf sein Ziel angesprochen, will er nicht über die kommenden Monate hinausdenken. Vielleicht aus Erfahrung. «Ich schaue nicht zu weit nach vorne, aber wir müssen da unten raus kommen bis Ende Dezember. Das ist mein Ziel, das ist unser Ziel. Wir müssen die Leute überzeugen, dass wir besser sind als das, was sie bisher von uns gesehen haben.»

Der Beitrag ist erschienen im Clubheft «Kleinfeld» des SC Kriens.