Missachtung von Spielregeln: Schiedsrichter in der Kritik

Ein Schiedsrichter steht in der Kritik (Symbolbild: pixabay).

Ein Schiedsrichter steht in der Kritik (Symbolbild: pixabay).

Bei einem Frauenspiel der 3. Liga zwischen zwei IFV-Teams* kam es angeblich zu mehreren Missachtungen von Spielregeln und nicht nachvollziehbaren Äusserungen und Verhaltensweisen des Schiedsrichters. Das betroffene Team hat daher einen Beschwerdebrief an den Innerschweizer Fussballverband (IFV) geschrieben.

* Aktualisiert am 6. Mai 2022 um 16:00 Uhr. Der abgedruckte Brief wurde auf eindringlichen Wunsch des betreffenden Vereins nachträglich anonymisiert. Die Namen und Vereine sind der Redaktion bekannt. REGIOfussball.ch setzt sich ausdrücklich für Meinungsfreiheit ein.

Hier der anonymisierte Beschwerdebrief an den IFV:

«Das Spiel in der Früjahrsrunde 2022 war geprägt von mehreren Missachtungen der Spielregeln gemäss Regelbuch 2021/22 und nicht nachvollziehbaren Äusserungen und Verhaltensweisen des Schiedsrichters. Diese möchten wir nun offiziell melden und eine Beschwerde gegen den Schiedsrichter einreichen.

Bereits in der Einleitung «Philosophie und Zweck der Regeln» des Regelbuchs wird thematisiert, dass die Gesundheit der Spielerinnen und Spieler an erster Stelle steht: «Auch wenn Unfälle nie auszuschliessen sind, sorgen die Spielregeln dafür, dass der Sport weitgehend sicher ist und sich die Gesundheit der Spieler und sportliche Fairness die Waage halten. Folglich verwenden Schiedsrichter die Spielregeln, um allzu aggressives oder gesundheitsgefährdendes Verhalten von Spielern streng zu ahnden. Die Spielregeln geben dafür eine klare Handhabe, indem sie gefährliche Aktionen wie rücksichtslose Zweikämpfe, die Gefährdung der Gesundheit eines Gegners oder übermässig hartes Spiel strikt ahnden.»

Jeder Schiedsrichter sollte nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne der Spielregeln entscheiden und das Spiel unterbrechen, wenn eine Spielerin ernsthaft verletzt ist. Dieser Verpflichtung ist der Schiedsrichter bei diesem Spiel leider mehrmals nicht nachgekommen. Die unerklärlichsten Vorfälle wollen wir kurz schildern:

  • Das Spiel wurde nach einem offensichtlichen Foul nicht unterbrochen, obwohl Tacklings oder Zweikämpfe, die die Gesundheit des Gegners gefährden oder übermässig hart oder brutal ausgeführt werden, als grobes Foul zu ahnden sind. Die Spielerin erlitt einen direkten Schlag auf den Fuss, welcher eine Quetschung ihrer Bänder und Sehnen verursachte. Die betroffene Spielerin musste sich aufgrund des starken Schmerzes am Spielfeldrand übergeben. Eine Disziplinarmassnahme wurde nicht ergriffen, sondern der Schiedsrichter kommentierte die Aktion ausschliesslich damit, dass kein Volleyball, sondern Fussball gespielt werde und die Gegenspielerin nur ihren Körper einsetzte. Die Verletzung zeigte jedoch eindeutig etwas anderes.
  • Eine weitere fragwürdige Situation spielte sich vor dem Tor ab, als unsere Torhüterin den Ball mit gestreckten Armen in beiden Händen festhielt. In einer solchen Situation darf sie nicht von einer Gegnerin angegriffen werden, da sie den Ball mit den Händen kontrolliert. Trotzdem wurde sie brutal zu Boden geworfen, wodurch sie eine Rippenquetschung erlitt. Auch hier reagierte der Schiedsrichter ausschliesslich mit dem Kommentar, dass man mit einem Aufprall rechnen müsse. Einige Minuten später wurde die Torhüterin nochmals von zwei Gegnerinnen eingeklemmt und die Schmerzen an den Rippen verschlimmerten sich. Hierzu gab es keine Reaktion vom Schiedsrichter.
  • Eine weitere Spielerin verletzte sich, diesmal ohne direkte Fremdeinwirkung und wieder wurde das Spiel nicht unterbrochen, obwohl sich die Spielerin direkt vor den Augen des Schiedsrichters das Knie verdrehte. Er liess auch hier trotz lautstarken Schmerzempfindungen das Spiel weiterlaufen und zeigte kein Interesse an der Spielerin und ihrer Verletzung. Kurz darauf folgte das letzte und spielentscheidende Tor der gegnerischen Mannschaft (in der 105 Spielminute!). Die Spielerin musste anschliessend in die Notaufnahme gebracht werden.

Für uns und unseren Verein steht die Gesundheit der Spielerinnen und Spieler immer an erster Stelle. Wir sind enttäuscht, dass dies beim Schiedsrichter nicht der Fall zu sein scheint.

Leider war der gesundheitliche Aspekt nur einer der Missachtungen des Regelbuchs des Schiedsrichters. Ebenfalls enttäuschend und unverständlich war die respektlose Kommunikation des Schiedsrichters. Auch hier wollen wir einige Beispiele nennen:

  • Nach einer Äusserung einer Spielerin (Foul-Anschuldigung gegenüber einer Gegnerin) wurde die Spielerin in einem respektlosen Ton angefahren, was sie wohl denke wer sie sei, sich zu dieser Situation zu äussern.
  • Wie bereits oben erwähnt, wurde einer verletzten Spielerin gesagt, dass sie hier Fussball spiele und nicht Volleyball, so ein Körpereinsatz sei normal.
  • Die Spielerin, welche sich am Knie verletzt hatte, wurde gebeten aufzustehen und das Spielfeld zu verlassen, um die Unterbrechung des Spieles nicht in die Länge zu ziehen.

Weiter war es fraglich, weshalb keine Disziplinarmassnahmen ergriffen wurden. Nebst dem unsportlichen Verhalten was zu Verletzungen führte, hätten auch Ermahnungen oder Verwarnungen (gelbe Karte) gegenüber des Trainerstaffs erfolgen können. Es wurden unsportliche Äusserungen bei Verletzungen unserer Spielerinnen gemacht, Schadenfreude ausgedrückt und die technische Zone mehrmals verlassen. Bei einem Unterbruch rannte der Trainer gar auf den Platz und spielte den Ball zu einer seiner Spielerinnen. Dies wurde vom Schiedsrichter zwar wahrgenommen, blieb jedoch gänzlich unkommentiert.

Zu guter Letzt möchten wir kurz auf die Nachspielzeit eingehen. Obwohl der Schiedsrichter die Nachspielzeit bestimmt, hat diese den Sinn, die Spielzeit zu kompensieren, die durch bestimmte Ereignisse verloren ging. Die Nachspielzeit ist in den meisten Fällen, so auch an diesem Sonntag, durchaus begründet. Bereits in der ersten Halbzeit wurden 4 Minuten nachgespielt. Nach der zweiten Halbzeit wurden nochmals 17 Minuten (!) nachgespielt. Kurz vor Abpfiff in der 105 Minute fiel dann das letzte und spielentscheidende Tor. Diese Länge der Nachspielzeit war definitiv nicht gerechtfertigt.

Rückblickend auf die Geschehnisse wäre ein Protest angebracht gewesen. Die Verletzungen, Enttäuschung und Wut nahmen jedoch ein Ausmass an, in welcher die Kommunikation zum Schiedsrichter als sehr schwierig eingeschätzt wurde. Trotzdem wurde nach dem Spiel vom Sportchef aktiv das Gespräch mit dem Schiedsrichter gesucht. Dieser konnte sich jedoch nicht auf eine kritische Unterhaltung einlassen, da er sich keiner Schuld bewusst war oder eine seiner vielen Entscheidungen oder Nicht-Entscheidungen im Nachgang hinterfragte.

In unseren Augen war das Verhalten des Schiedsrichters nicht nur unangebracht, sondern verletzt die neutrale Stellung seines Amtes. Wir bitten Sie daher den Schiedsrichter ausgiebig zu prüfen. Ausserdem wünschen wir die Zustellung des elektronischen SR-Berichts. Wir nehmen an, dass darauf nicht alle Ereignisse im Zusammenhang mit dem Spiel vollständig und korrekt erfasst wurden (Tore, Verwarnungen oder besondere Vorkommnisse).

Das Schiedsrichter-Amt ist anspruchsvoll und keinesfalls zu unterschätzen. Trotzdem dulden wir ein derartiges Verhalten nicht auf unserem Fussballplatz.»