Wiesel nach Playoff-Krimi im Halbfinale!

Das Team MNK Kuna Futsal Küssnacht posiert für den Halbfinal-Einzug (Bild: PD).

Das Team MNK Kuna Futsal Küssnacht posiert für den Halbfinal-Einzug (Bild: PD).

Das Drehbuch für das zweite Playoff-Viertelfinalspiel vom letzten Sonntag in der Salle Omnisport La Riveraine in Neuchâtel hätte sich sogar ein Francis Ford Coppola, Antoine Fuqua, Luc Besson oder Oliver Stone nicht besser ausdenken können. In einer verrückten Schlussphase der regulären Spielzeit kämpfen sich die Innerschweizer zunächst in die Verlängerung, geraten auch in dieser abermals in Rückstand, um das Spiel noch vor Ende der ersten Halbzeit der Verlängerung komplett auf den Kopf zu stellen und am Ende das Halbfinal-Ticket zu lösen.

Wiesel mit Anlaufschwierigkeiten
Die Wiesel erwischten einen denkbar schlechten Start in ihr fünftes Playoff-Viertelfinale ihrer Vereinsgeschichte. Bereits nach 26 Sekunden lag man mit 0:1 in Rückstand. Einen Abspielfehler von Jony Junior Barbosa, fing Charmilles’ Blerim Arifi ab, setzte sich auf der rechten Seite durch und bediente seinen Kollegen Behar Bajrami, der die Genfer mit 1:0 in Führung brachte. Die Wiesel etwas geschockt von dem frühen Gegentreffer, versuchten ins Spiel zu finden, doch es passte noch nichts zusammen. Laufwege, Passgenauigkeit, Tempowechsel, Zweikämpfe, Mut und Entschlossenheit liessen die Innerschweizer in der ersten Hälfte vermissen. Die Genfer ihrerseits überliessen zum grossen Teil den Wieseln das Spielgerät, konzentrierten sich auf die Defensive und waren immer wieder gefährlich nach Balleroberungen und Kontern. Den Küssnachtern fiel es anfänglich schwer Lösungen in ihrem Angriffsspiel zu finden und die schnörkellos nach vorne stürmenden Genfer unter Kontrolle zu bringen. Fiorenzo Frongillo erhöhte auf 2:0 nach einem Einkick in der 10. Minute und bestrafte die lethargisch wirkenden Wiesel ein weiteres Mal. Doch war auch dieser Gegentreffer noch nicht genug, damit die Rigistädter endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwachten.

Charmilles’ Topscorer Bajrami erhöhte in der 15. Minute nach einem schönen Solo über die rechte Seite zum 3:0. Dies war der nötige Weckruf, der bei den Innerschweizern endlich eine Gegenreaktion auslöste. 59 Sekunden vor Ende der ersten Halbzeit, erzielte Marcelo Augusto Nabil dos Anjos den lange ersehnten ersten Treffer für die Wiesel, bei welchem er sich jedoch bei Adin Pašalić bedanken durfte. Dieser liess den, für ihn gespielten Ball von Nabil dos Anjos, im Strafraum durch die Beine durch und irritierte damit entscheidend Charmilles’ Schlussmann Ismael Charbonnet zum 1:3 Pausenstand.

Nicht viel los
Nach dem Kabinengang waren die Wiesel zwar etwas besser im Spiel, doch bis zur Mitte der zweiten Halbzeit geizten beide Teams mit nennenswerten Aktionen. Ein Lattenknaller von Nabil dos Anjos in der 23. Minute und eine strittige Szene aus der 26. Minute, bei welcher Charmilles’ zweiter Torspieler Tiago André Reis Monteiro weit aus seinem Tor rausrückte, um einen Angriff der Wiesel zu unterbinden, den Ball vor die Füsse von Mauro Roberto da Silva klärte und beim zurückrennen ins Tor, den Lob- bzw. Chipversuch von da Silva vermeintlich ausserhalb des Strafraums mit der Hand abwehrte. Reis Monteiros Absprung, um an den Ball zu kommen, fand auf jeden Fall ausserhalb des Strafraums statt, ob der Ball schon auf Höhe Strafraumgrenze war, konnte nicht abschliessend geklärt werden. Die Genfer hätten sich jedenfalls nicht beschweren können, wenn es bei dieser Szene zu einem Ausschluss gekommen wäre.

Nabil dos Anjos „it’s in the Game“
In der 29. Minute deutete dann alles auf ein vorzeitiges Aus der Innerschweizer. Bajrami erhöhte mit seinem dritten Treffer auf 4:1. Das Trainergespann Bem/Zeba war nun gefordert die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zunächst nahm man Torspieler João Filipe Silva Machado raus und schickte Debütant Adem Selimi aufs Parkett. Dieser war auch sofort gefordert, denn die Genfer wollten gleich noch einen nachlegen. In der 33. Minute oder 7 Min. 15 Sek. bis zum Ende des Spiels, verkürzte Nabil dos Anjos auf 2:4 und die Innerschweizer schöpften wieder etwas Hoffnung. Doch sollte diese in der 36. Minute wieder im Keim erstickt werden. Nach einem Eckball, war es einmal mehr Bajrami, der mit seinem vierten Treffer auf 5:2 erhöhen konnte. 4 Min. 29 Sek. bis Ende, 3 Tore Rückstand! Es war so gut wie aussichtslos. Doch in der gleichen Minute kommen die Wiesel zu einem Freistoss ca. 8m zentral vor dem Tor. Jony Junior Barbosa nagelte mit einem Gewaltsschuss den Ball zum 3:5 unter die Querlatte. Noch 4 Min. 9 Sek. bis zu Ende. Postwendend liess Bajrami die Wiesel und das Tor der Innerschweizer mit einem Pfostenschuss erzittern. Dieser wurde wenige Sekunden später zur tragischen Figur der Genfer. Nach einem Einkick von Teamkollege Arifi, hatte Dieser im Zweikampf mit Küssnachts Lucas Costa Da Rosa die Ellbogen etwas zu weit oben und traf Costa Da Rosa im Gesicht. Bajrami mit Gelb bereits aus der ersten Halbzeit vorbelastet musste mit Gelb/Rot vom Platz und die Wiesel erhielten, 2 Min. 40 Sek. vor Schluss die Chance das Spiel evtl. doch noch zu drehen. 2 Min. Überzahl oder bis das Tor fällt. Der richtige Moment fürs Time Out mit neuen Instruktionen.

1 Min. 33 Sek. bis zum Schlusspfiff, Nabil dos Anjos verkürzte mit seinem dritten Treffer auf 4:5. Der AS Charmilles wieder komplett. Beim Anspiel der Genfer übten die Wiesel sofort wieder Druck aus und eroberten den Ball. Es wurden kurz zwei Pässe hinten rum gespielt, bis Renald Alberto De Oliveira Leal, erneut Nabil dos Anjos in Szene setzte, der sich im 1vs.1 gegen Arifi durchsetzen konnte und den Ball über Torspieler Reis Monteiro zum 5:5 ins Tor lobte. Bei den Innerschweizern brachen nun alle Dämme. Das musste mindestens die Verlängerung sein. 26 Sek. vor Schlusssirene liess Arifi den Wieseln nochmals das Blut in den Adern gefrieren, doch traf dieser nur den Pfosten. Es folgte die Verlängerung. 2 x 5 Min.

Wiesel beweisen Charakter
Obwohl die Wiesel mit leichten psychologischen Vorteil in die Verlängerung gingen, waren es erneut die Genfer, die durch Arifi nach nur 1 Min. 16 Sek. der Verlängerung zunächst mit 6:5 in Führung gingen. Doch die Innerschweizer steckten nicht auf und kamen nach 3 Min. 1 Sek. zum erneuten Ausgleich durch Luis Carlos Silva Martins. 37 Sek. nach dem Ausgleich, gingen die Wiesel durch Costa Da Rosa zum ersten Mal in diesem Spiel in Führung. De Oliveira Leal fand den tiefstehenden Costa Da Rosa, der den Ball am herauseilenden Reis Monteiro zum 7:6 einschieben konnte und somit die Weichen stellte. 53 Sek. vor Ende der ersten Halbzeit der Verlängerung wurstelte sich Nabil dos Anjos über links an Frongillo vorbei und erhöhte im Fallen auf 8:6. Es war so etwas wie die Vorentscheidung.

Der AS Charmilles musste in der zweiten Halbzeit der Verlängerung mit dem Rücken zur Wand volles Risiko mit angezogener Handbremse gehen. Einerseits mussten sie nun das erste Mal einem 2 Tore-Rückstand hinterherlaufen, bei fünf Fouls und 5 Minuten verbleibender Spielzeit. Es blieb ihnen nichts Weiteres übrig, als bei eigenem Ballbesitz jeweils mit Flying Goalkeeper zu spielen. So konnten sie die Zentralschweizer immerhin in die eigene Platzhälfte zurückdrängen, jedoch mit leerem Tor. Zwei, drei Ballverluste der Genfer gingen noch gut, aber beim dritten, vierten liess es sich da Silva nicht mehr nehmen und traf zum 9:6 ins leere Tor. Der Drops war gelutscht. Charmilles‘ Bruno Fernando Pereira Soares konnte noch gut 1 Min. 30 Sek. vor Ende zum 9:7 verkürzen, aber die Wiesel schaukelten das Ding nach Hause und stehen nach einem verrückten und spannenden Spiel verdient zum vierten Mal im Playoff-Halbfinale der Swiss Futsal Second League. Mann des Spiels ist Marcelo Augusto Nabil dos Anjos mit 5 Toren für die Innerschweizer und einer Leistungsexplosion ab der zweiten Hälfte.

Fazit
Schluss ist, wenn Schluss ist! Und Futsal ist, was Futsal ist. Spannung und Spektakel pur bis zur letzten Sekunde. Leider immer noch nur als Randsportart wahrgenommen und von vielen belächelt, bleibt zu erwähnen, dass die Innerschweiz dieses Jahr zwei Vertreter im Playoff-Viertelfinale hatte, was bisher einmalig ist. Der MNK Kuna Futsal Küssnacht, der dieses Jahr sein 15-jähriges Jubiläum feiert, vertritt die Innerschweiz als ältester Futsalclub auf nationaler Ebene und wird ausserhalb der Zentralschweiz mehr wahrgenommen, als in dem Verbandsgebiet dem er angehört.

FC Emmenbrücke ausgeschieden
Der FC Emmenbrücke als zweiter Vertreter der Innerschweiz, musste sich im Spiel gegen den Racing Club Lausanne mit 11:5 geschlagen geben. Für den FC Emmenbrücke war es die erste Playoff-Teilnahme überhaupt.

In den anderen beiden Spielen, setzte sich MNK Croatia 97 Appenzell gegen Jester 04 Baden in einem ebenfalls spannenden Spiel mit 7:6 durch, nachdem sie ebenfalls zur Halbzeit noch hinten lagen. Und der Gastgeber des Playoff-Viertelfinals, der FC Le Parc liess im Spiel gegen den Playoff-Debütanten SC Wipkingen Futsal nichts anbrennen und setzte sich souverän mit 10:2 durch.

Nächstes Spiel
Am kommenden Sonntag 03.03.24 geht die Reise für die Wiesel im Rennen um den Aufstieg, weiter nach Genf. Gastgeber ist ausgerechnet der AS Charmilles, der zur Zuschauer- und Playoff-Halbfinal-Gastgeber-Rolle verdammt ist. Anpfiff ist um 16:15 Uhr, Halbfinal-Gegner ist Emmenbrücke-Bezwinger Racing Club Lausanne.

Telegramm MNK Kuna Futsal Küssnacht – AS Charmilles 9:7 n.V. (1:3) (5 :5)
Samstag 25.02.2024, Salle Omnisport la Riveraine, Neuchâtel; SR: Aineswaran Sooriyakumar, Paolo Cinque
Tore: 1. Bajrami 0:1; 10. Frongillo 0:2; 11. Bajrami 0:3; 20. Nabil dos Anjos 1:3; 29. Bajrami 1:4; 33. Nabil dos Anjos 2:4; 36. Bajrami 2:5; 36. Barbosa 3:5; 39. Nabil dos Anjos 4:5; 39. Nabil dos Anjos 5:5;
42. Arifi 5:6; 43. Silva Martins 6:6; 44. Costa Da Rosa 7:6; 45. Nabil dos Anjos 8:6; 47. Da Silva 9:6; 48. Pereira Soares 9:7
Verwarnungen: 3. Nabil dos Anjos (Gelb/Wechselfehler), 5. Bajrami (Gelb/Foul), 29. Frongillo (Gelb/Foul), 32. Palermo (Gelb/Foul), 38. Bajrami (Gelb/Rot/Unsportlichkeit), 38. Da Silva (Gelb/Unsportlichkeit), 39. Pereira Machado (Gelb/Unsportlichkeit), 39. De Oliveira Leal (Gelb/Foul), 39. Arifi (Gelb/Foul), 48. Rodrigues Pais (Gelb/Foul), 49. Ndoy (Gelb/unerlaubtes betreten des Feldes)
MNK Kuna Futsal Küssnacht: Silva Machado; Barbosa; Pereira Machado, De Oliveira Leal; Ndoy; Barbosa, Rodrigues Avelino, Nabil dos Anjos, Pašalić, Silva Martins, da Silva, Costa Da Rosa, Selimi
AS Charmilles: Charbonnet; Aarab; Arifi, Rodrigues Pais; Bajrami; Hassan, Frongillo, Palermo, M. W. De Azevedo, Reis Monteiro, Pereira Soares
Bemerkungen: Kuna Futsal ohne Sipar, Herlea, Arnold, Aiello Toja, El Darsi, Fernandez Nsegue und Mariano (alle nicht im Aufgebot), Nabarro, La Rocca, Rodrigues Machado Filho und Bem (alle Verletzt), Matijević (Rekonvaleszent), Zeba (Gesperrt), Kahrimanović (Militär), Teixeira Machado (Ferien).