
REGIOfussball.ch reiste im Februar 2011 zusammen mit dem Team OG Kickers B nach Freiburg an ein internationales Hallenturnier. Spannung war garantiert: Neben Fussball standen leider auch unschöne Ereignisse im Zentrum.
Generation Facebook
Es ist Samstagmorgen früh, kurz vor sieben Uhr, als die mehr oder weniger verschlafenen 15- bis 16-jährigen B-Junioren auf der Sportanlage Wartegg eintreffen. Zusammen mit dem 25-jährigen Trainer Marco Häfliger wird die zweistündige Reise nach Freiburg im Breisgau angetreten. Mit dabei sind Reto Albisser, Fabio Minder, Steven Frei, Kilian Zeder und sein Bruder Roman, Luan Hashimurati, Marko Brzovic, Jérôme Hajnal und Sandro Kläntschi. Die ganze Welt dürfte mittlerweile von unserer Reise nach Deutschland erfahren haben: Die Jugendlichen haben dies bereits mit vollem Einsatz auf ihren Facebook-Profilen in die weite Welt hinausposaunt.
Spannende Teamentwicklung
Währenddessen erklärt Häfliger sichtlich stolz seinen Werdegang beim SC OG als Trainer: „Seit die Kids bei den E-Junioren sind, trainiere ich sie. Es ist eine tolle Truppe und sie macht mich stolz.“ Er erinnert sich auch daran, wie er seinen Junioren noch die Schuhe gebunden hat – und jetzt seien sie bereits junge Männer. Doch das Team ist keinesfalls in Stein gemeisselt: „Stimmt der Einsatz nicht oder fällt ein Spieler sonst negativ auf, wird er aus dem Team ausgeschlossen“, so Häfliger. Dies ist in diesem Winter bereits viermal vorgekommen. Doch auch Neuzugänge von namhaften Teams und Rückkehrer finden oft den Weg ins Luzerner Tribschenquartier. Häfliger selbst steht kurz vor der Schlussprüfung für das UEFA-B-Diplom.
Vom McDonald’s in die Teambesprechung
Nach einer ersten Begehung der tollen Sporthalle in Freiburg macht sich die Mannschaft auf den Weg ins Stadtzentrum. Das erste Spiel findet erst um 13 Uhr statt – also steuern die Jungs zielstrebig den McDonald’s im Freiburger Hauptbahnhof an. An Vorschriften bezüglich Essen denkt Trainer Häfliger nicht: „Wir sind zum Spass hier.“ Nach der Rückkehr wird sofort die eigene Garderobe in der Sporthalle bezogen. Dass diese auch einen Ausseneingang hat, wird sich später noch rächen. Die Konzentration und Anspannung der Spieler steigt. Häfliger hebt in seiner Teambesprechung den Spassfaktor hervor – doch gleichzeitig fordert er auch einen Turniersieg. Obwohl das Niveau sichtlich hoch zu sein scheint – viele Bundesliga-Nachwuchsteams sind vor Ort und zeigen anspruchsvollen Fussball. Weiter möchte Häfliger, als einziges Schweizer Team, sich von der vorbildlichsten Seite präsentieren. Er betont vor seinen gespannt lauschenden Spielern, dass sie allfällige Trainerkritik nicht zu persönlich nehmen sollen. Zudem gibt er ihnen viele wichtige individuelle taktische Tipps mit auf den Weg.






Toller Turnierstart
Nach der Passkontrolle und dem Einlaufen steht das erste Spiel gegen den Favoriten Freiburger FC 1 auf dem Programm. Doch die Startminuten misslingen fürchterlich und die Anwesenden befürchten ein Desaster für die Schweizer. Doch es bleibt trotz Übermacht der Gastgeber beim 0:1. Und nach Spielhälfte tauen die Zentralschweizer auf und bieten zum Erstaunen vieler Zuschauer ebenfalls hochklassigen Fussball. Luan Vincenzo krönt die Leistung seines Teams mit dem 1:1-Ausgleichstreffer und Schlussstand. Das Team gönnt sich nun eine kurze Pause auf der Tribüne – eine Pause mit Folgen. Bei der Rückkehr in die Garderobe kurz vor Beginn des zweiten Spiels folgt die Schreckensmeldung.











Ausgeraubt
Mit Schrecken muss das Team feststellen, dass die eigene Musikanlage, vier neue Spielertrikots, zwei gefüllte Sporttaschen, eine Digitalkamera und Bargeld entwendet worden sind. Sofort gehen die Emotionen hoch, auch Trainer Marco Häfliger kann seine Wut nicht mehr verbergen. Die Situation droht zu eskalieren, als Häfliger nicht mehr zum zweiten Spiel antreten will. Doch nachdem der Veranstalter versichert, dass die Polizei eingeschaltet wird, kann das zweite Spiel trotzdem angepfiffen werden. Im Spiel gegen die TuS Ergenzingen 2 können sich die Spieler aufgrund der Vorkommnisse kurz vor Spielbeginn nicht konzentrieren und gehen bereits nach einigen Sekunden mit 0:1 in Rückstand. In den Zweikämpfen und bei Schiedsrichterentscheiden macht sich nun die angestaute Aggression bemerkbar. Am Ende steht es 0:4 und das vorbildliche Schweizer Image scheint endgültig gestorben zu sein. Trainer Häfliger verurteilt in der Teambesprechung das Verhalten: „Unser Verhalten war eine absolute Frechheit, eine Katastrophe – ich habe mich geschämt!“ Stille in der Garderobe.
Polizei trifft ein
Im nächsten Spiel gegen SF Eintracht Freiburg beruhigen sich die Gemüter. Obwohl spielerisch immer noch nicht auf der Höhe, muss ein 0:3-Rückstand aufgeholt werden – was dank einer moralisch starken Teamleistung beinahe gelingt. Schlussstand: 2:3. Die Polizei trifft ein und hält eine kurze Ansprache vor versammelter Mannschaft. Nun beginnen in der nur kurzen Spielpause die Befragungen der betroffenen Spieler und Trainer. Für das vierte Spiel wird die Aufnahme der Aussagen kurz unterbrochen und auch die Polizei fordert von den Spielern einen Sieg. Die Kriminalbeamten beobachten das Spiel von der Spielerbank aus, doch auch in diesem Spiel können keine wichtigen Punkte eingefahren werden. Schlussstand: TuS Ergenzingen 1 – OG Kickers 2:1. Die Anhörungen gehen in die zweite Phase – eine nicht zu unterschätzende Belastung für die jungen Luzerner Spieler. Doch der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft ist jederzeit spürbar: Das ganze Team verbringt zusammen die Spielpausen und es herrscht eine familiäre Atmosphäre.
Das letzte Spiel
Als die Polizei den Tatort verlassen hat, kann sich Marco Häfliger wieder voll und ganz auf den Fussball konzentrieren. In einer sehr persönlichen Ansprache wird nochmals Revue passiert und auf den letzten Match eingeschworen. Und siehe da: Nach einem Eigentor zum 0:1 gegen den Freiburger FC 2 können sich die Luzerner zusammenraufen, um nach einem Wechselfehler des Gegners zum 1:1-Schlussstand auszugleichen. Schlussendlich rangieren sich die Luzerner auf dem 5. Schlussrang mit 2 Punkten. Die Spiele fordern ihren Tribut: Reto, Luan und Marco verletzten sich im Verlaufe des Turniers und konnten nicht mehr eingesetzt werden. Häfliger erklärt vor seinen Spielern, sie sollen die Vorkommnisse als wertvolle Erfahrung mit nach Hause nehmen.






Pizza essen in der Freiburger Altstadt
Trainer Häfliger möchte, dass seine Jungs den Tag positiv abschliessen. Also geht es nach dem Duschen zusammen in die Freiburger Innenstadt. Da die Geschäfte am Samstag erst um 20 Uhr schliessen, gibt es noch eine kleine Shoppingtour durch Freiburg. In der Pizzeria können sich die Spieler bei einer oder sogar zwei Pizzen den Bauch füllen. Auch wird nochmals in Ruhe über den vergangenen Tag diskutiert. Erst am späten Abend tritt die Mannschaft im Teambus die Rückkehr in die Schweiz an. Wenige Sekunden nach Grenzübertritt wird standesgemäss die Welt über das Erlebte informiert. Auch Marco Häfliger macht sich Gedanken, wie er den Verlust der Musikanlage der 1. Mannschaft und die gestohlenen neuen Trikots den Verantwortlichen kommunizieren soll. Keinesfalls erschöpft erreichen die Spieler Luzern. Einige planen bereits den heutigen Ausgang. Für andere Spieler geht es direkt weiter in die Ferien: Kilian und Roman reisen direkt mit der Bahn weiter nach Sörenberg und Fabio darf am Sonntagmorgen die dreieinhalbstündige Zugreise nach Adelboden antreten. Es bleibt zu hoffen, dass der Tag in Freiburg für alle Beteiligten trotzdem in bester Erinnerung bleiben wird.
Nachtrag
Am Montag kam die Meldung der Freiburger Polizei, dass eine Tasche mit Inhalt etwa 700 Meter entfernt von der Spielhalle gefunden worden ist. Trainer Häfliger reiste am Dienstag mit seinen Spielern Jérôme und Captain Reto zurück nach Freiburg, um die gefundene Tasche abzuholen. Alle weiteren gestohlenen Gegenstände werden der Versicherung angegeben.




























