Nach 22 Monate Spielersperre: Auch Schiedsrichter gesperrt

Nach der Auseinandersetzung wird auch der Schiedsrichter bestraft (Symbolbild).

Der Innerschweizer Fussballverband (IFV) hat einen Fussballschiedsrichter für ein halbes Jahr bis zum 30. Juni 2016 gesperrt. Damit wird nach der 22 monatigen Sperre für den Spieler auch der Schiedsrichter bestraft.

Die Sperre erfolgt aufgrund eines Vorfalls  bei einem Spiel zwischen den 5.-Liga-Fussballmannschaften des FC Luzern (Breitensport) und des Luzerner Sportclubs am 25. Oktober auf der Luzerner Allmend. Ein FC-Luzern-Spieler war damals nach einer gegen ihn verhängten roten Karte gegen den Schiedsrichter tätlich geworden. Der betreffende Spieler wurde vom Schweizerischen Fussballverband (SFV) für 22 Monate gesperrt, bis zum 24. September 2017.

Jetzt wurde auch der Schiedsrichter des betreffenden Spiels gesperrt. Er darf bis zum 30. Juni 2016 keine Spiele mehr leiten. Das bestätigt IFV-Präsident Urs Dickerhof. Die vom IFV verhängte halbjährige Sperre sei in Absprache mit dem SFV erfolgt, so Dickerhof.

Gemäss Augenzeugen soll der nun gesperrte Schiedsrichter nach den Übergriffen auf ihn seinerseits versucht haben, den mit einer roten Karte bedachten Spieler zu schlagen und würgen. Das Spiel wurde in der 10. Minute abgebrochen.

Das Urteil gegen den Schiedsrichter ist noch nicht rechtskräftig. Er hat fünf Tage Zeit, dagegen Rekurs einzulegen. Die 22-Monate-Sperre gegen den Spieler ist hingegen rechtskräfitg. Er wurde zudem aus seinem Verein ausgeschlossen.

22 Monate Sperre – wie oft passiert das?
Die Zahl schwerer Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter nimmt zwar schweizweit ab. Trotzdem sei «jeder Fall einer zu viel», sagt der oberste Fussball-Jurist.

Weil er einen Schiedsrichter aufs Übelste beleidigt und ihm einen Tritt an die Hüfte versetzt hatte, wurde ein 5.-Liga-­Fussballer des FC Luzern Breitensport vom Schweizer Fussballverband (SFV) zu einer 22-monatigen Spielsperre verurteilt (Ausgabe vom Donnerstag). Ein Einzelfall? Wir fragten Robert Breiter, stellvertretender Generalsekretär und Leiter Rechtsdienst des SFV.

Eine Tätlichkeit pro 8000 Spiele
«Pro 8000 Spiele passiert rund eine Tätlichkeit an einem Schiedsrichter, und etwa ein Spieler von 10000 Lizenzierten begeht pro Jahr eine solche Tätlichkeit», sagt Breiter. Rund 200 000 Fussballspiele aller Ligen und Altersklassen finden jährlich in der Schweiz statt. Und gut 250 000 lizenzierte Spieler gibt es. Gegen 21 von ihnen verhängte die Kontroll- und Disziplinarkommission des SFV im vergangenen Jahr mehrmonatige Spielsperren wegen Tätlichkeiten oder Drohungen gegen Schieds- und Linienrichter. Das zeigt eine Statistik im SFV-Jahresbericht 2014.

Zu den leichteren Tätlichkeiten (Sperren bis 17 Monate) gehören «Beleidigungen, Drohungen, Rempler oder leichte Schläge». Als schwere Tätlichkeiten (Sperren von 18 bis 35 Monaten) gelten «Anspucken, Ohrfeigen, Schläge oder Würgen». Schwerste Tätlichkeiten (mehr als drei Jahre Sperre) sind zum Beispiel «Dutzende von Schlägen gegen Gesicht und Körper des Schiedsrichters oder das Treten des Schiedsrichters in die Rippen, nachdem er vom Spieler zu Fall gebracht worden ist».

 

Ball mit voller Wucht ins Gesicht
Erwähnt ist ein Fall, bei dem ein Spieler dem Schiedsrichter den Ball aus kurzer Distanz mit voller Wucht ins Gesicht trat. Er wurde deswegen «auf unbestimmte Zeit» suspendiert; die Dauer der Sperre wurde später auf 50 Jahre konkretisiert.

Trotz teils krasser Fälle: Die SFV-Statistik zeigt, dass die Gesamtzahl der verhängten Sperren wegen Vergehen gegen Schieds- und Linienrichter seit 2010 um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist. Die Anzahl schwerer und schwerster Tätlichkeiten hat 2014 gegenüber dem Vorjahr allerdings wieder leicht zugenommen. Erfreulich ist laut SFV, dass im Nachwuchsbereich (Junioren A bis C) im vergangenen Jahr so wenige Strafen wie noch nie ausgesprochen werden mussten, nämlich vier. Klar am meisten Tätlichkeiten gegenüber Schieds- und Linienrichtern gibt es in den unteren Amateur-Ligen, insbesondere in der 4. und der 5. Liga (total elf).

Abnahme mit Vorsicht zu geniessenDie generelle Abnahme von mehrmonatigen Sperren in den vergangenen fünf Jahren ist aber mit Vorsicht zu geniessen. Denn vor allem leichtere Tätlichkeiten kämen häufig nicht mehr vor den nationalen Verband, sondern würden vermehrt von den Regionalverbänden in eigener Kompetenz behandelt, schreibt der SFV: «Dies ist dann möglich, wenn der Sachverhalt nicht zu gravierend ist und damit noch in ihrem Zuständigkeitsbereich liegt.» Für den SFV ist zudem klar: «Jeder Fall einer Tätlichkeit gegenüber Schieds- oder Linienrichtern ist einer zu viel.» Die Kontroll- und Disziplinarkommission werde deshalb auch weiterhin bemüht sein, «diese Fälle durch das Aussprechen harter Strafen zu minimieren».

«Wir zeigen Härte»
«Wir haben klare Richtlinien und zeigen Härte», sagt auch Urs Dickerhof, Präsident des Innerschweizer Fussballverbands (IFV). Dieser ist mit gut 22 000 lizenzierten Spielern einer der grössten regionalen Verbände der Schweiz. Spielersperren würden konsequent ausgesprochen und im Wiederholungsfall verdoppelt. Zwei der von der SFV-Statistik erfassten mehrmonatigen Sperren wegen Tätlichkeiten oder Drohungen gegen Schiedsrichter betreffen gemäss Robert Breiter Spieler in der Innerschweiz. Im laufenden Jahre seien es bisher ebenfalls zwei Fälle.

Im Fall des jetzt für 22 Monate gesperrten 5.-Liga-FCL-Spielers werden von Seiten der Spieler auch schwere Vorwürfe gegen den Schiedsrichter erhoben. Er sei nach dem Ausraster des Spielers selber ausfällig und handgreiflich geworden. Ob der IFV auch gegen ihn eine Strafe aussprechen wird, ist gemäss Urs Dickerhof noch nicht entschieden. ­«Fälle von ausrastenden Schiedsrichtern sind aber sehr selten», sagt er.