Bruno Peter: «Vereine stehen vor grossen Herausforderungen»

FC-Willisau-Präsident Bruno Peter sieht den Verein gut aufgestellt und in der Region verankert (Bild: Patrik Birrer).

FC-Willisau-Präsident Bruno Peter sieht den Verein gut aufgestellt und in der Region verankert (Bild: Patrik Birrer).

Bruno Peter, Präsident FC Willisau, steht zusammen mit anderen Vereinen vor grossen Herausforderungen. Es gilt schwierige Situationen wie bei Zug 94, FC Sursee oder FC Sarnen zu verhindern.  Diese Themen und wie er den Verein «weiterentwickeln» will, erklärt er im Interview.

Das Interview wurde am 29. November 2019 im Willisauer Bote publiziert und auf Wunsch von Willisau-Präsident Bruno Peter hier auf REGIOfussball.ch veröffentlicht.

Bruno Peter*, seit acht Monaten amten Sie als Präsident des FC Willisau. Nun hat die 1. Mannschaft erst kürzlich die erfolgreichste Vorrunde der Vereinsgeschichte abgeschlossen. Sie müssen vollauf zufrieden sein.

Die sportliche Situation rund um unser Fanionteam ist hoch erfreulich. Was die Mannschaft zusammen mit dem Trainerduo und dem Sportchef geleistet hat, verdient höchste Anerkennung. Über diese Entwicklung freue ich mich sehr. Aber es wäre falsch, mich mit fremden Federn zu schmücken. Ich habe mich in dieser Beziehung in ein gemachtes Nest setzen können.

Dann läuft beim FC Willisau also alles nach Plan?

Der Verein ist gut aufgestellt. Er erfüllt in der Region nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich eine wichtige Funktion, ist bekannt und angesehen. Doch die erreichte Grösse bringt Herausforderungen mit sich. Deshalb ist es das Ziel des neuen Vorstandes, den Verein den Rahmenbedingungen entsprechend weiterzuentwickeln und zum Teil neu auszurichten.

Das müssen Sie genauer ausführen.

Unser Ziel ist es, dem Verein neue, zeitgemässe Strukturen zu geben. Der FC Willisau zählt aktuell 470 Mitglieder. Pro Jahr finden auf dem Schlossfeld mehr als 200 Heimspiele und über 2000 Trainingseinheiten statt. Um es etwas salopp auszudrücken: Der FCW ist ein «grosser Laden». Und dieser Laden kann nur erfolgreich und nachhaltig geführt werden, wenn die Organisation stimmt.

Was schwebt Ihnen konkret vor?

Idealerweise würden sich die Vorstandsmitglieder künftig vorwiegend um strategische Belange kümmern. In den verschiedenen Abteilungen des Vereins gäbe es Hauptverantwortliche, die innerhalb ihres Bereichs über ein Globalbudget verfügen. Diese Bereichsleiter hätten sich an definierten Zielvereinbarungen zu orientieren, würden innerhalb ihrer Bereiche aber grösstmögliche Freiheiten geniessen und von verschiedenen Projektteams unterstützt.

Sie sprechen im Konjunktiv.

Solche Veränderungen gelingen nicht von heute auf morgen. Und damit die Umsetzung erfolgreich sein kann, müssen in jedem Bereich und auf allen Ebenen Leute bereit sein, mitzuhelfen und Verantwortung zu übernehmen. Genau das ist unser Ziel: Wir wollen versuchen, die vielfältigen und fordernden Arbeiten auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Es geht nur, wenn alle mithelfen. Denn nur so ist es möglich, den Aufwand für einzelne Personen in einem verträglichen Mass zu halten.

Welche weiteren Herausforderungen beschäftigen den Verein?

Sicherlich die Finanzen. Sie sind letztlich das Fundament für ein erfolgreiches Funktionieren des Vereins. Wir wollen im finanziellen Bereich grösstmögliche Transparenz nach innen, aber auch nach aussen schaffen.

War das bisher nicht der Fall? Zumindest nicht in dem Mass, wie wir uns das vorstellen. Ich kann ganz offen sein: Im Verein hat sich in den vergangenen Jahren ein grösseres strukturelles Defizit ergeben. Dieses konnte jeweils durch ausserordentliche Einnahmen, etwa am 80-Jahr-Jubiläumsfest, gedeckt werden. Doch das wird auf lange Sicht hinaus nicht Jahr für Jahr möglich sein. Um notwendige und sinnvolle Investitionen für den Verein und die Mitglieder zu tätigen, brauchen wir aber zwingend einen gewissen finanziellen Handlungsspielraum.

Wie wollen Sie dieses strukturelle Defizit beseitigen?

Unsere Analyse hat zwei Dinge zutage gefördert: Zum einen haben die Aufwände für die 1. Mannschaft in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Die Fokussierung auf das Fanionteam hatte erfreulicherweise hervorragende Resultate zur Folge. Zum anderen ist es so, dass sich alle anderen Bereiche des Vereins über Mitglieder- und J+S-Beiträge mehr oder weniger selbst finanzieren. Mit anderen Worten: Sämtliche ausserordentlichen Einnahmen flossen zuletzt vollumfänglich in die 1. Mannschaft. Der Verein wurde diesbezüglich auch etwas Opfer des Erfolgs. Der Aufstieg in die 2. Liga interregional und die sehr guten Ergebnisse dort zogen höhere Punkteprämien nach sich. Aber unter den gegebenen Voraussetzungen ist für uns klar: Bevor wir nicht über deutlich höhere Erträge verfügen, müssen wir ernsthaft über das Budget der 1. Mannschaft diskutieren.

Das dürfte bei Staff und Spielern nicht gut ankommen.

Das ist korrekt. Und nicht nur dort. Wir stossen mit diesem Ansatz verständlicherweise bei verschiedenen dem FCW nahestehenden Personen und auch bei Vereinsmitgliedern auf Gegenwind. Die in jeder Beziehung grossartige Leistung der 1. Mannschaft inklusive Trainersta! und Sportchef in der abgelaufenen Vorrunde mit der realistischen Aussicht auf einen erstmaligen Aufstieg in die 1. Liga macht die richtige Entscheidfindung in finanzieller Hinsicht nicht einfacher.

Man könnte Ihnen vorwerfen, die aktuell so erfolgreiche 1. Mannschaft auszubremsen.

Gegen diese Interpretation wehre ich mich vehement. Ich war selber im Leistungssport aktiv und bin nach wie vor sehr ehrgeizig. Der sportliche Erfolg unseres Fanionteams ist eine wesentliche Voraussetzung für die positive Wahrnehmung des FC Willisau. Wir wollen weiterhin die bestmöglichen Rahmenbedingungen für sportlichen Erfolg setzen. Aber nicht um jeden Preis.

Der Weg in die Zukunft dürfte somit über den verstärkten Einbau eigener Junioren führen. So heisst es im vom neuen Vorstand entworfenen Leitbild: «Die 1. Mannschaft besteht zu rund 70 Prozent aus Spielern, die den Grossteil ihrer Ausbildung beim FC Willisau absolviert haben und sich mit dem FC Willisau als Ganzes identifizieren.» Das ist ein hochgestecktes Ziel.

Dessen sind wir uns bewusst. Aber schauen Sie sich das Potenzial unseres Vereins an. Seit Jahren wird im Nachwuchsbereich hervorragende Arbeit geleistet. Aktuell sind elf Spieler in den FE13- und FE14-Mannschaften des FC Luzern dabei. Natürlich holen wir, dass es möglichst viele von ihnen tatsächlich zum FCL scha!en. Die Erfahrung aber zeigt, dass die meisten ab Stufe U15 zum Stammklub zurückkehren. Wenn wir es scha!en, dieses Potenzial im Verein zu halten und in den Aktivbereich zu transferieren, scheint mir dieses Ziel durchaus realistisch.

Wie wollen Sie es konkret schaffen, dass diese talentierten Spieler dem FC Willisau treu bleiben?

Ich sehe das als zweiseitige Aufgabe. Zum einen sind wir von Vereinsseite gefordert, diesen jungen Spielern eine klare Perspektive bis hin zur 1. Mannschaft aufzuzeigen. Auf der anderen Seite dürfen wir auch eine gewisse Geduld und absolute Hingabe verlangen. Dabei wird der 2. Mannschaft und den A-Junioren eine wesentliche Rolle zukommen.

Inwiefern?

Unser «Zwöi» soll sich mindestens an der Spitze der 4. Liga, noch besser in der 3. Liga etablieren, um als attraktives Bindeglied zwischen den Juniorenteams und der 1. Mannschaft zu dienen. Die A-Junioren sollen für die kontinuierliche Heranführung von jungen, talentierten Spielern ans Fan ionteam eine entscheidende Scharnierfunktion einnehmen.

Um das Ziel von 70 Prozent eigener Spieler in der 1. Mannschaft zu erreichen, wird es aber mehr brauchen, als talentierte Spieler, die es nicht ganz bis in den Profifussball schaffen.

Das ist klar. Darum ist es ein weiteres vorrangiges Ziel, unsere eigenen Mannschaften ab Stufe C-Junioren in der 1. Stärkeklasse oder noch besser in der Coca-Cola-Junior-League zu platzieren. Ausserdem möchten wir die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen in der Region wieder intensivieren. Oberstes Ziel muss es sein, allen leistungsorientierten Junioren in der Re gion eine Einsatzmöglichkeit auf höchstmöglichem Niveau zu bieten.

Dieses Projekt ist vor noch nicht allzu langer Zeit schon einmal gescheitert. Die «kleineren» Clubs haben Angst, ihre besten Spieler an den «Grossen», in diesem Fall den FC Willisau, zu verlieren.

Diese Befürchtung ist nachvollziehbar. Aber auch in diesem Bereich liegt es an uns, mit sauberer und transparenter Kommunikation, klaren Vereinbarungen und entsprechendem Handeln Vertrauen zu scha!en. Es geht nicht darum, den anderen Vereinen ihre Talente wegzunehmen. Aber es bringt einem Verein ja auch nichts, wenn seine drei oder vier talentiertesten Junioren in der 2. oder gar 3. Stärkeklasse spielen müssen. Es haben erste Gespräche stattgefunden und wir sind zuversichtlich, eine gute Lösung für alle zu erreichen.

Jugendliche und Aktive einnehmen, die ohne Leistungsgedanken Fussball spielen wollen? Haben diese beim FC Willisau überhaupt noch einen Platz?

Auf jeden Fall und unbedingt. Wir wollen die Zweigleisigkeit mit Leistungs- und Breitensport ganz bewusst aufrechterhalten. Das beginnt bei den Junioren und zieht sich bei den Aktiven weiter. Die 3. Mannschaft und auch die Senioren und Veteranen sind für das Funktionieren des Vereins von entscheidender Bedeutung. Und dann liegt uns auch der Juniorinnen- und Frauenfussball sehr am Herzen.

Was ist in diesem Bereich geplant?

Hier wollen wir die seit Jahren vorbildliche Arbeit fortsetzen. Der Frauenfussball erfreut sich aktuell eines grossen Booms und wir wollen unsere Bemühungen intensivieren, um auch in unserer Region noch mehr Mädchen und Frauen für den Fussball zu begeistern.

* Bruno Peter ist seit März 2019 Präsident des FC Willisau. Der 48-jährige Rechtsanwalt arbeitet als Stadtschreiber in Sursee. Der gebürtige Luthertaler ist verheiratet und Vater zweier Söhne. In seiner Jugend war er ein erfolgreicher Mittelstreckenläufer bei der LR Gettnau.