«Die Freude am Fussball wird zurückkommen»

Romano Clavadetscher: «Die Freude am Fussball wird zurückkommen, auch wenn Spuren zurückbleiben» (Bild: ZVG).

Romano Clavadetscher: «Die Freude am Fussball wird zurückkommen, auch wenn Spuren zurückbleiben» (Bild: ZVG).

Der 56-jährige Romano Clavadetscher ist seit November 2014 Präsident des Komitees Erste Liga. Im Interview äussert er sich zur aktuellen Lage um den Coronavirus und Optionen für eine mögliche Fortsetzung des Spielbetriebs.

Herr Clavadetscher, was tut der Präsident des Komitees Erste Liga in Zeiten des ausgesetzten Spielbetriebs während der Corona-Epidemie?

Romano Clavadetscher: Es gibt doch einiges zu tun. Nebst Anfragen von Vereinen und Arbeiten im Komitee bin ich fast täglich mit den Kollegen vom Zentralvorstand des SFV im Austausch. Es geht einerseits um die Lagebeurteilung innerhalb des SFV und seiner Mitarbeitenden, andererseits aber natürlich auch um die Kommunikation und Abstimmung zwischen den Abteilungen. Ziel ist es, dass der Fussball so gut wie möglich durch diese Krise kommt.

Die Frage, die viele umtreibt in diesen Tagen – kann in dieser Saison überhaupt noch Fussball gespielt werden?

Für mich ist klar: falls der Spielbetrieb tatsächlich noch einmal aufgenommen werden kann, dann kann das nur gemeinsam abgestimmt in allen Spielklassen erfolgen. Wenn es zeitlich möglich und gleichzeitig vernünftig ist, wieder zu spielen, sollten wir das versuchen. Der Impuls wird zuerst von den internationalen Verbänden ausgehen, dann geht es um die nationalen Topligen und auch darum, was in unserer unmittelbaren Nachbarschaft passiert. Um ein mögliches Programm über die Runden bringen zu können, muss auch eine Absprache mit den Regionen und den Vereinen erfolgen. Im SFV sind wir für solche Absprachen bereit. Sollte jedoch nicht oder zu spät weitergespielt werden können, gibt es verschiedene Ansichten. Eine Meinung, die sich für diesen Fall auch in anderen Sportarten herauskristallisiert, ist auch die, dass alles auf Null gestellt werden müsste.

Die 1. Liga hatte schon die Runde vom Wochenende 7./8. März verschoben, obwohl da in einzelnen Kantonen noch gespielt hätte werden können. Warum?

Wir wollten die Fairness der Wettbewerbe sicherstellen und es war keine Option, dass einzelne Spiele schon ausgetragen worden wären und andere Vereine – zum Beispiel jene im Tessin – hätten gar nicht spielen können. Wir betreuen mit der Promotion League eine nationale und in der 1. Liga eine überregionale Spielklasse. Da müssen für alle dieselben Bedingungen herrschen.

Wie gehen Sie in diesen speziellen Zeiten mit den Vereinen um, die in Schwierigkeiten geraten könnten?

Der Austausch ist immer da, ich persönlich, die Komiteemitglieder und die Gruppenverantwortlichen stehen vor allem im telefonischen Kontakt mit den Clubs. Noch wichtiger aber scheint mir die Solidarität unter den Vereinen – und diese spüre ich. Die Erfahrungen, die ein Club macht, können einem anderen Verein in der praktischen Umsetzung helfen, gerade auch, was den Umgang mit Behörden oder Nicht-Amateurspielern betrifft. Wir haben hier sehr unterschiedliche Verhältnisse. Da ist es gut, dass unsere Vereine über gute Strukturen verfügen und ausgerüstet sind mit dem entsprechenden Personal und Knowhow.

Wie können Sie die Vereine konkret unterstützen?

Es gibt verschiedene Formen der Unterstützung. In erster Linie besteht die Option der Kurzarbeit für das angestellte Personal in den Clubs. Diese gilt glücklicherweise in der aktuellen Lage nicht nur für unbefristete, sondern neu auch für befristete Arbeitsverträge. Die Dauer der Kurzarbeit wurde ausserdem auf sechs Monate verlängert. Auch zinslose Darlehen bei den Banken sind für Sportvereine wie für KMU möglich. Beim 50-Millionen-Paket des Bundesamtes für Sport für den Breitensport sind die Voraussetzungen für die Unterstützung sehr hoch. Nachgewiesen werden muss ein der aktuellen Krise geschuldeter finanzieller Liquiditätsengpass. Und ich hoffe sehr, dass keiner unserer Vereine sich in einer solchen Lage befindet.

Welche Folgen könnte die aktuelle Situation für den Fussball im Allgemeinen und im Speziellen für die Erste Liga haben?

Das Ganze wird finanzielle Spuren hinterlassen, dies ist nicht zu vermeiden. Die Erste Liga steht als Abteilung jedoch finanziell sehr solide da. Unser Finanzchef Marco Di Palma hat dies analysiert und bestätigt. Vielleicht löst die Krise einen gewissen Besinnungsprozess aus und wir überlegen uns verstärkt, ob das, was wir bisher getan haben, der richtige Weg war. Ich denke da auch an die Entwicklung der Transfersummen und Gehälter, vor allem im Spitzenfussball, zum Teil auch mit den entsprechenden Einflüssen nach unten. Bislang ging man davon aus, dass sich die Einnahmen im Fussball grenzenlos steigern lassen, nun wird sicherlich eine Bremsspur zurückbleiben, weil sich auch die Wirtschaft erholen muss. Auch der Trend zu immer mehr Individualismus wird jetzt wohl stärker hinterfragt. Wir spüren gerade jetzt, dass Solidarität und Zusammenhalt unter allen Beteiligten sehr wichtig sind. Das Wichtigste aber wird bleiben: die Freude am Fussball. Ich wünsche uns allen, dass wir diese Freude so bald wie möglich auf den Plätzen wieder finden und dass wir auch in der Talentförderung dort weiterfahren können, wo wir waren, und diese noch ausbauen können.

Am 6. März wurde an einer Auftaktsitzung des SFV über die zukünftige Spielklassenstruktur diskutiert. Worum ging es dort?

Primär ging es um eine Auslegeordnung unter den Abteilungen im SFV. Die Erste Liga ist mit zwei Vertretern (Markus Hundsbichler und Fritz Aeschbach) in der Arbeitsgruppe dabei. Die Arbeiten werden eng durch das Komitee und den Vereinsausschuss der Ersten Liga begleitet. Im Zentrum steht die Frage, welche Struktur (von der Challenge League abwärts) kann unseren Toptalenten möglichst gute Wettbewerbsbedingungen mit viel Einsatzzeit auf hohem Niveau garantieren? Es geht um neue Modelle für die Zukunft und die Diskussion wird sicherlich auch ein Stück weit politisch sein. Der Wille, etwas Gutes für den gesamten Schweizer Fussball zu erreichen, ist von allen Seiten vorhanden. Der SFV und die drei Abteilungen haben auf Initiative der Ersten Liga eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.