
Voraussichtlich anfangs Juni wird die verkürzte Saison fortgesetzt und für Simon Bosshard neigt sich sein erstes Jahr als Trainer des Hildisrieder SV zu Ende.
Simon, du hast bald als Trainer beim HSV das erste Jahr hinter dir. Wie sind deine bisherigen Eindrücke?
Mehrheitlich sehr positiv. Trotz ausbleibenden sportlichen Resultaten sowie dem drohenden Abstieg in die 4. Liga, herrscht eine grosse Zufriedenheit. Der HSV ist familiär aufgestellt, die Kommunikationswege sehr kurz und ich erhalte zahlreiche Freiheiten als Trainer der ersten Mannschaft. Auch im Verein bewegten sich einige Dinge auf eine angenehme positive Weise. Vieles musste jedoch zuerst einmal neu aufgleist werden, wie beispielsweise in der Juniorenabteilung. Mit meinen Jungs zu arbeiten, macht echt Spass und bereitet Freude. Alle ziehen hervorragend mit. Wenn ich mir die Fortschritte einzelner Spieler ansehe, ist es eine zusätzliche Motivation. Besonders hervorheben möchte ich unseren sensationellen Teamgeist. Das ist keine 08/15 Aussage fürs Phrasenschwein, sondern das entspricht effektiv den Tatsachen. Ich fühle mich wohl. Daher verlängerte ich vorzeitig um eine weitere Saison.
Ihr steht aktuell punktelos am Tabellenende. Gründe hierfür?
Ich finde man muss aufpassen die Erwartungen in dieser Spielzeit nicht allzu hoch anzusetzen. Letzten Sommer kam es zu einem grossen Umbruch. Acht drittligaerprobte Stammspieler verliessen den Verein. Im Gegenzug verpflichteten wir ausschliesslich junge Spieler mit wenig oder keiner Erfahrung auf dieser Stufe. Das Durchschnittsalter sank rapide. Wir stellen einer der jüngsten 3. Liga Teams. Unser Torhüter ist beispielsweise erst 16jährig. Ich kann mich an keinen jüngeren Stammtorhüter in der 3. Liga erinnern, aber es war genau das, was ich mit meiner Idee anstrebte. Ein 17jähriger spielte fast jedes Spiel in der Innenverteidigung von Beginn an und übernahm so frühzeitig grosse Verantwortung. Im Mittelfeld agierten teilweise 18, 19 und 20jährige, die aus den Niederungen des Juniorenfussballs zu uns stiessen. Natürlich geht ein solcher Umbruch in der Anfangshase immer zulasten eines sportlichen Erfolges, doch ich denke längerfristig. Ausserdem brauchte die Mannschaft einige Trainings, bis sie sich an meine Philosophie und die speziellen Trainingsmethoden gewöhnten. Wenn man also sämtliche Fakten zusammenträgt und rückblickend überlegt, was wir uns innerhalb weniger Monate erarbeiteten, auch wo wir noch zu Beginn spielerisch standen und jetzt stehen, dürfen wir sehr zufrieden sein. Die Null auf dem Konto ist absolut nebensächlich.
Nächste Woche könnte der Bundesrat weitere Lockerungen vornehmen und damit den Restart der Meisterschaft einläuten. Der Plan über den weiteren Verlauf steht. Bist du zufrieden mit der Lösung?
Falls es effektiv so kommt, wie es im Vorfeld angekündigt wurde, bin ich sicherlich nicht glücklich. Schlussendlich geht es zulasten der Teams im hinteren Tabellenbereich. Jammern mag ich deswegen nicht. Es ist so wie es ist, aber eine faire Lösung sieht anders aus. Mit Aufsteigern, aber ohne Absteiger wäre es zweifellos sinnvoller gewesen. In der nächstfolgenden Saison hätte man die zu hohe Anzahl an Teams in den jeweiligen Ligen mit zusätzlichen Absteigern korrigieren können. Beispielsweise fallen nun in der 3. Liga elf Partien komplett weg. Die beiden restlichen Partien sind eigentlich für viele Mannschaften aus sportlicher Sicht etwa so spannend wie eine Partie bei einem Grümpelturnier, weil vielerorts die Entscheidungen bereits gefallen sind. Wir fahren also, nach über sieben Monaten, extra für zwei Spiele alles hoch, um danach erneut für einige Wochen mit der Meisterschaft zu pausieren. Das Verletzungsrisiko bei Zweikämpfen wird dann überdurchschnittlich gross sein. Fussball ist bekanntlich ein Kontaktsport und dies fand seit November 2020 nicht mehr im gewohnten Rahmen statt. Die Spieler müssen also innerhalb weniger Tage eine gewisse Betriebstemperatur erreichen, welche sie zuvor über Monate hinweg nicht benötigten. Mal sehen, wie die anderen Mannschaften damit umgehen.
Drückt es unter diesen Umständen nicht auf die Motivation bald eine Liga tiefer zu spielen und jetzt im Juni zwei, aus sportlicher Hinsicht, bedeutungslose Meisterschaftspartien auszutragen?
Nein. Wir denken längerfristig und wenn uns als nächste Etappe der Weg in die 4. Liga führt, akzeptieren wir diese Tatsache und machen das Beste aus der Situation. Natürlich ist es viel geiler in der 3. Liga zu spielen, keine Frage, doch mein Plan braucht Zeit und verträgt keine kurzfristige Denkweise. Ich kommunizierte mit meinem Team frühzeitig sehr offen über die Pläne. Ebenso gegenüber dem Vorstand. Es gibt viele Beispiele von guten Drittligateams, welche sich zuerst in der 4. Liga sammelten und danach einen sportlichen Höhenflug hinlegten. Ausserdem wollen wir uns mit Anstand aus der 3. Liga verabschieden. Die Jungs brennen auf die Spiele gegen Alpnach und Hergiswil II. Es ist eine gute Gelegenheit ein paar taktische Ideen für die kommende Saison auszuprobieren. Übrigens; aufgeben entspricht sowieso nicht unserer Mentalität.
Apropos neue Saison; wie laufen die Vorbereitungen?
Ich plante bereits im Winter vorzeitig zweigleisig. Von daher erleichtert es mir aktuell vieles und sorgt für weniger Stress, auch wenn ich im Moment übergangsweise auch die Funktion des Sportchefs übernahm. Es ist zwar eine zeitraubende und aufwendige Angelegenheit, aber es bringt mir eine neue wertvolle Erfahrung. Dennoch bin ich froh, wenn der Verein auf dieser Position zukünftig einen «richtigen» Sportchef findet.
Gibt es Kadermutationen?
Ja. In der Zwischenzeit wechselten mit Jonas Villiger, Raymond Wicky und Adrian Ineichen drei ehemalige junge HSVler zu uns zurück. Sie spielten zuletzt in einer höheren Liga und bringen entsprechend Routine ins Team. Für mich ein sehr gutes Zeichen, dass solche Spieler zum HSV zurückkehrten, trotz anderer Möglichkeiten. Vor der Mehrheit der Spieler erhielt ich bereits eine Zusage für die neue Saison. Ab Sommer stösst ein 15jähriger, ein 16jähriger sowie ein 18jähriger zu uns. Alles waschechte Hildisrieder aus der eigenen Juniorenabteilung, wobei einer dieser Spieler zuletzt beim FC Luzern sein Glück versuchte. Zwei weitere A-Junioren eines Junior League A Vereins konnte ich ebenso zu uns lotsen. Möglicherweise verlässt uns der eine oder andere Spieler. Bis zum Saisonstart kann sich jedoch noch vieles verändern.