Werner Hardegger: Über 900 Spiele als Schiedsrichter geleitet

Werner Hardegger beim Sportplatz Tierpark in Goldau (Bild: SC Goldau).

Werner Hardegger beim Sportplatz Tierpark in Goldau (Bild: SC Goldau).

Der Goldauer Werner Hardegger ist seit bald 40 Jahren als Unparteiischer tätig. Nun tritt er kürzer und gibt sein Amt als Schiri-Verantwortlicher des SC Goldau an die jüngere Generation weiter. Als Schiedsrichter sieht man ihn weiterhin.

Der Goldauer pfiff im Jahr 1996 das Spiel Buttisholz gegen Willisau (Archivbild: SC Goldau).

Werni, auf dieses Jahr hin hast du die Verantwortung über die Schiedsrichter und Spielleiter des SC Goldau in andere Hände übergeben. Wie kam es dazu?

Es war an der Zeit, die Verantwortung weiterzugeben. Ich durfte diese über 17 Jahre innehaben. Eine lange, aber unglaublich tolle Zeit. Und ich bin ja immer noch mit dabei, werde weiterhin als Schiedsrichter und unterstützend im Verein tätig sein.

Wie wurdest du eigentlich Schiedsrichter?

Als 13-jähriger Junge habe ich mit Fussballspielen begonnen und habe sämtliche Junioren-Stufen durchlaufen. Später wechselte ich dann zu den Aktiven. In einem Training erlitt ich dann einen schlimmen Unfall, einen Beinbruch. Das war doppelt ärgerlich, wollte ich doch im Aktivfussball Fuss fassen und in die Rekrutenschule einrücken. Nach einer längeren Pause stand ich dann wieder auf dem Fussballplatz. Ich musste mir aber eingestehen, dass es mir nicht mehr möglich war, aktiv zu spielen.

Und wie ging es dann weiter?

Eigentlich hatte ich mir nie aktiv überlegt, Schiedsrichter zu werden. Ich wurde aber nach meinem “Karriereende” vom damaligen Spiko gefragt, ob ich es als Spielleiter versuchen möchte. Spontan sagte ich damals zu. Ich sagte mir, dass ich so fit und im Verein aktiv bleibe. Ich war zwei Jahre als Spielleiter tätig und danach fragte mich die zuständige Person vom SCG-Vorstand an, ob ich Schiedsrichter werden möchte. Auch zu dieser Herausforderung sagte ich spontan zu. Zudem studierte ich in Zürich, da war ein kleines Sackgeld auch willkommen.

Im Jahr 1985 absolvierte ich dann die Ausbildung zum Schiedsrichter. Anschliessend pfiff ich 12 Jahre in der 4. Liga und durfte 16 Jahre in der 3. Liga arbitrieren. Zusätzlich assistierte ich während der Zeit in der 3. Liga noch ca. 10 Jahre in der 2. Liga regional.

Und heute – bist du noch als Schiedsrichter im Einsatz?

Ja, ich pfeife noch immer, und zwar mit Freude und Leidenschaft. In meiner Altersklasse darf ich bei den Herren noch 5. Liga pfeifen, bei den Frauen bis 3. Liga. Für die Tätigkeit als Schiedsrichter bestehen keine Alterslimiten. Ich muss aber jährlich ein Arztzeugnis einreichen, welches bescheinigt, dass ich gesundheitlich in der Lage bin, das Amt des Schiedsrichters auszuüben.

Die Anforderungen an einen Schiedsrichter sind hoch – was zeichnet einen guten Unparteiischen aus?

Ein grosser Vorteil ist natürlich, wenn man vorher selbst Fussball gespielt hat. Man kann so knifflige Situationen besser beurteilen. Neben einer guten Fitness sollte man auch eine gute Auffassungsgabe sowie eine starke Persönlichkeit mit sich bringen. Bekanntlich ist eine Seite mit einem Schiri-Entscheid oft nicht einverstanden.

Was verstehst du unter einen starken Persönlichkeit?

Man besitzt ein sicheres Auftreten, Verantwortungsbewusstsein, ein gesundes Mass an Ehrgeiz und ist in der Lage, Kritik einzustecken. Ist man nicht kritikfähig, hat man als Schiedsrichter auch nichts verloren. Ausdauernd sollte man auch sein, und ich meine nicht nur die körperliche Fitness.

Wenn man an Schweizer-Schiedsrichtergrössen denkt, kommen einem die zurückgetretenen Urs Meier oder Massimo Busacca in den Sinn. Heute ist Sandro Schärer der einzige Schiedsrichter in der Schweiz, der vollamtlich als Profi tätig ist. Wann werden die Schiedsrichter gleichauf mit den Spielern sein?

Ich denke, das kann man nicht vergleichen. Obwohl es die gleiche Sportart ist, sind die Welten sehr verschieden. Die Aus- und Weiterbildung der Schiris hat in den letzten Jahren auch in der Schweiz nochmals einen grossen Sprung gemacht. Dieser war auch notwendig, im Vergleich zum Ausland sind wir aber immer noch rückständig.

Was hältst du persönlich vom VAR?

Der technische Fortschritt hilft auf jeden Fall. Im Breitenfussball gibt es Technik natürlich nicht. Es ist ab und zu schon eine Herausforderung. Ein Beispiel: In der Schweiz hat ein Schiri bei den Herren erst ab der 2. Liga zwei Linienrichter an seiner Seite. In tieferen Ligen ein Abseits zu sehen, ist manchmal sehr knifflig. Zurück zum VAR: Es wäre eine Illusion, zu glauben, dass durch die Technik auch die Diskussionen aufhören würden. Diskutiert wird immer auf dem Fussballplatz oder auf den Rängen, was ja auch bereichernd sein kann.

In deiner Karriere hattest du sicher auch ein paar knifflige Situationen zu meistern. Wie bist du damit umgegangen?

In den Zeitungen liest man manchmal von Attacken oder Beleidigungen gegenüber den Schiedsrichtern. Klar, das gibt es. Aber im Verhältnis zu der Anzahl Spiele ist es sicher ein Bruchteil. Trotzdem sollte man die Schiedsrichter schützen. Ich hatte das Glück, dass es in meinen über 900 gepfiffenen Partien vielleicht fünf Partien gab, an denen ich nach Spielschluss nicht mehr ins Clubhaus ging, um ein Kafi zu trinken. Auch ich habe mal einen “Seich” gepfiffen. Dafür muss man halt auch gerade stehen und damit umgehen können. Wertschätzend ist jeweils, wenn einem Spieler und Trainer für eine gut geleitete Partie danken.

Stichwort Ausbildung: Ab dem Jahr 2006 hast du das Schiriwesen beim SC Goldau übernommen. Wie kam es dazu?

Ich pfiff damals in der 3. Liga und ich merkte, dass man die wenigen Schiedsrichter, die es in Goldau gab, mehr unterstützen könnte. Damals arbeitete ich wie auch der damalige (und heutige) Präsident Ralf Ehrbar in Zürich. Einmal hat mich dann Ralf auf dem Arbeitsweg gefragt, ob ich mir diese Funktion vorstellen könnte.

Und du hast wieder spontan zugesagt, wie damals als Schiedsrichter?

Genau, wobei ich die Leute um mich bereits vorgängig bearbeitet hatte (schmunzelt). Mir war es wichtig, dass wir in Goldau eine nachhaltige Lösung für die Schiedsrichter aufbauen konnten.

Was war dir dabei wichtig?

Ich wollte den jungen Personen die Seite eines Schiedsrichters aufzeigen, die vielleicht auf den ersten Blick nicht so präsent ist. Schiri zu sein, ist eine echte Lebensschule. Man lernt im jungen Alter früh Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen schnell zu treffen oder kritikfähig zu sein. All dies hilft einem im privaten wie auch im beruflichen Umfeld. Die jungen Schiedsrichter benötigen dann halt ein paar Saisons, bis sie diese positive Entwicklung bei sich sehen.

Wie schwierig ist es, genügend Schiris in den eigenen Reihen zu haben?

Natürlich ist es anspruchsvoll. Beim SC Goldau hatten wir bis auf ganz wenige Saisons immer genügend Schiris. Das ist nicht selbstverständlich. Je nach Anzahl Mannschaften bei den Aktiven und Junioren muss ein Verein eine bestimmte Anzahl Schiedsrichter stellen. Dabei greift das Bonus-Malus-Prinzip: Hat ein Verein mehr als die geforderte Anzahl, erhält man einen finanziellen Zustupf. Stellt man zu wenig Schiris, bezahlt der Verein eine Busse. Heute haben wir in Goldau acht Schiedsrichter.

Zum Abschluss Werni, sehen wir dich weiterhin auf dem Fussballplatz?

Als Zuschauer sowieso! Und auch als Schiri möchte ich noch so lange weitermachen, wie es meine Gesundheit und meine Motivation zulassen. Ans Aufhören denke ich jedenfalls noch nicht.

Alain Ehrbar neuer Schiri-Verantwortlicher
Der 34-jährige ist in Goldau aufgewachsen und pfeift bereits viele Jahre für den SC Goldau. Heute ist er in der 3. Liga als Unparteiischer und in der 2. Liga regional als Linienrichter im Einsatz. Nun übernimmt Alain Ehrbar das Schiriwesen beim SC Goldau. Unterstützt wird er bei den Spielleitern von Nemanja Cvisic.