Die Steinhauserin Nicole Remund (26) hat in vier Jahren mit dem FC Zürich sieben Titel gewonnen. Im Winter hat sie freiwillig zum FC Luzern gewechselt – warum?

Wer mit erst 26 Jahren häufig das Wort «früher» nennt, ist: entweder altklug, verzweifelt, oder hat wirklich viel erlebt. Auf Nicole Remund trifft Letzteres zu. Die Steinhauserin blickt auf bereits zwölf ereignisreiche Jahre im Leistungsfussball zurück. Den Karrierehöhepunkt für die Aussenverteidigerin bilden die zwei Teileinsätze an der WM im vergangenen Jahr. Insgesamt 45-mal lief sie für die Schweizer A-Auswahl auf. Darüber hinaus bestritt sie 13 Partien in der Champions League und gewann mit dem FC Zürich zuletzt vier Meistertitel in Serie und dreimal den Cup.

Das alles gehört zu «früher». Remund erzählt bei einem Cappuccino vom Wandel in ihrem Leben. Einem Leben, das – wie bei den meisten Fussballerinnen – zwei Karrieren beinhaltet: die berufliche und die sportliche. Beide auf einem hohen Level zu halten, gelang Remund beachtlich, wenn auch unter persönlicher Aufopferung. Nach der sportlergerechten Vinto-KV-Lehre behielt sie ihr Betrieb, ein internationaler Lebensmittelkonzern. Dort ist sie mittlerweile in einer verantwortungsvollen Position tätig. Um den vielen Aufgaben gerecht zu werden, nahm sie öfter den Laptop mit ins Trainingslager oder zu einem Zusammenzug. «Das schlechte Gewissen plagte mich manchmal. Meine Kollegen im Büro mussten ja meine Arbeit auch noch erledigen», erklärt Remund und sagt offen: «Ich bin jahrelang am Limit gelaufen.»

Neuordnung des Lebens
Aus der ständigen Grenzerfahrung lernte die Zugerin, ehrlich zu sich zu sein: Die Dauerbelastung beeinträchtigte ihre körperliche Regeneration. Die Folge davon sind anhaltende muskuläre Probleme. Ihre bitterste Blessur: Im Vorfeld zur Weltmeisterschaft zog sie sich einen Muskelfaserriss zu. Danach verlor sie ihren Stammplatz im Nationalteam. Dennoch lachen Remunds Augen, wenn sie von der WM erzählt; der ersten, die ein Schweizer Team erreicht hat.

Nach dem Turnier verspürte sie die Freiheit, ihr Leben neu zu ordnen. Mit ihrem Rücktritt aus der Nationalmannschaft war für sie auch klar, dass sie nicht mehr an ihrem «Kindheitstraum» vom Profifussball festhalten würde. «Mein Leben ist schön, so wie es ist», lautet die einfach Gleichung. Sie spricht auch das mit der Überzeugung eines Menschen aus, der die wichtigen Dinge bereits mit sich selbst besprochen hat.

Remund wohnt mit ihrer älteren Schwester Denise in einer WG in Oerlikon, unweit ihres Arbeitsplatzes. Nah liegt auch die Sportanlage Heerenschürli, wo die FCZ-Frauen trainieren und spielen. Doch die wird Remund nur noch als Gegnerin besuchen: Sie hat im Winter nach Luzern gewechselt. Angesichts der Vormachtstellung der Zürcherinnen ist das zumindest mutig. Remund begründet den Wechsel einerseits mit der Lust, mehr Verantwortung in einer Mannschaft zu übernehmen, andererseits mit der Suche nach «einem neuen Teamspirit». In Zürich stehe die Leistungserbringung im Vordergrund, wohingegen beim FCL der Spass einen noch höheren Stellenwert geniesse und auf die Bedürfnisse der einzelnen Spielerinnen eingegangen wird.

Schlechte Erinnerungen
In ihrem Fall bedeutet das, dass sie eines der vier wöchentlichen Trainings in einem Fitnessraum in Zürich gestalten darf. So muss sie nicht ins Lenkrad beissen, wenn mal wieder Stau vor dem Gubristtunnel herrscht. Remund lächelt, darauf angesprochen. Sie sagt, heutzutage könne sie gut mit dem Stau umgehen. Vor ihrem Wechsel zum FCZ im Jahr 2011 sei das anders gewesen. Damals pendelte sie von Steinhausen nach Zürich zur Arbeit, anschliessend nach Kriens zum Training und wieder nach Steinhausen zum Schlafen. «Ich war psychisch und physisch sehr angeschlagen. Manchmal bin ich fast eingeschlafen am Steuer», erinnert sie sich.

Dennoch lag für die Fussballerin Remund die Rückkehr in die Zentralschweiz auf der Hand. Aus sportlichen und nostalgischen Gründen. Denn hier trifft sie auf Weggefährtinnen aus ihrer Anfangszeit im Frauenfussball beim SK Root respektive dem SC Kriens, mit dem sie einst in die NLA aufstieg. Auf ihre Ziele mit dem FCL angesprochen, antwortet sie: «Da wir raus aus dem Cup sind, bleibt die Meisterschaft.»

Dann erzählt Remund, wie sie und ihre Weggefährtinnen früher davon sprachen, mal gemeinsam Meister zu werden. Nun wollen sie das in die Tat umsetzen.