Der Fussball erlebt die bislang grösste Regeloffensive dieses Jahrhunderts. Ab 1. Juni 2016 werden gleich 95 teilweise einschneidende Änderungen eingeführt. Es geht um Elfmeter, Anstoss oder Handspiel.

Es ist eine Revolution für den Fussball. Dreifachbestrafung, Behandlungspausen oder Elfmeterausführung – nur drei Themen, die durch den Weltverband Fifa vom 1. Juni 2016 an neu geregelt werden. Insgesamt 95 Änderungen oder Anpassungen haben die Regelhüter vom International Football Association Board (IFAB) beschlossen. Ziel war es, die Spielvorschriften zu vereinfachen, sie den Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzugleichen. Mehr als 10.000 Wörter wurden aus dem Regelwerk gestrichen. Die IFAB beschreibt dieses Massnahmenpaket selbst als das vermutlich grösste in der 130-jährigen Geschichte.

Hier die wichtigsten Änderungen:

  • Die Mittellinie ist ab sofort bei Abseitsfragen eine neutrale Zone. Berührt ein Spieler bei einem Konter die Mittellinie und noch nicht die gegnerische Hälfte, steht er nicht im Abseits. In der eigenen Hälfte gibt es sowieso kein Abseits. Der Status der Mittellinie in Abseitsfragen war zuvor nicht eindeutig geklärt.
  • Dreifachbestrafung abgeschwächt: Den Goalie wird’s freuen: Hatte man bei einer Notbremse im Strafraum die Absicht, den Ball zu spielen, gibt es nur eine Verwarnung. Bisher war die Verhinderung einer klaren Torchance immer mit einem Elfmeter, der Roten Karte und einer anschliessenden Sperre bestraft worden.
  • Direkter Freistoss bzw. Elfmeter, wenn ein Auswechselspieler oder Funktionär ins Spiel eingreift.
  • Anhalten beim Elfmeter verboten: Im Spiel zwischen den Malediven und Afghanistan gab es 2014 ein Kuriosum im Penaltyschiessen: Der maledivische Spieler Assad Adubarey stolpert beim Anlaufen, steht wieder auf und verwandelt. Während der Treffer damals noch zählte, würde der Spieler heute für diese Aktion verwarnt werden. Die neuen Regeln besagen nämlich, dass beim Anlaufen zum Penalty komplettes Abstoppen (verzögern ist erlaubt) mit einer Gelben Karte geahndet und mit Freistoss für den Gegner fortgeführt wird.
  • Vereine und Verbände dürfen ihr Logo künftig auch offiziell auf Eckfahnen zeigen. Werbung bleibt dagegen weiterhin verboten.
  • Beim Anstoss kann der Ball in jede Richtung gepasst werden. Bisher musste der Ball erst in die gegnerische Hälfte gespielt werden.
  • Foul ausserhalb des Spielfelds: Begeht ein Spieler neben dem Spielfeld ein Foul, wird das Spiel mit einem direkten Freistoss an der Seitenlinie fortgeführt. Geschieht das Vergehen hinter der Tor-Aus-Linie, in Strafraum-Nähe, gibt’s Penalty.
  • Platzverweis vor Anpfiff: Der Schiedsrichter kann schon vor dem Spielbeginn Rote Karten verteilen. Die betroffene Mannschaft darf anschliessend dennoch mit elf Mann auflaufen.
  • Eckball statt Eigentor: Befördert ein Goalie auf irgendeine Art und Weise den Ball beim Abstoss ins eigene Tor, wird das Spiel mit einem Eckball für die gegnerische Mannschaft fortgeführt. Das Eigentor wird nicht als Solches gewertet.
  • Kurze Behandlungspausen: Dauern Behandlungspausen von Spielern weniger als 20 Sekunden, muss der betroffene Spieler den Platz nicht verlassen. Bislang mussten behandelte Spieler das Spielfeld verlassen, ehe sie vom Schiedsrichter wieder reingebeten wurden.
  • Spielen mit einem Schuh: Sollte ein Spieler sein Schuhwerk verlieren, darf er bis zur nächsten Unterbrechung mit einem Treter weiterspielen. Bisher wurde die Partie sofort unterbrochen, wenn jemand einen Schuh verloren hatte.
  • Trinkpausen erlaubt: Trinkpausen wie bei der WM 2014 sind nun fest im Regelwerk verankert. Bei sehr heissen Bedingungen dürfen sich die Spieler kurz erfrischen. Die abhandene Zeit wird dann natürlich nachgespielt.
  • Vorteil für den Schiedsrichter: Dem Schiedsrichter ist es erlaubt, die Vorteilsauslegung nur noch mit einem Arm und nicht zwingend mit beiden Armen anzuzeigen.
  • Ausgewählte Unterwäsche: Sichtbare Unterhosen bei Fussballern dürfen nur noch getragen werden, wenn sie die gleiche Farbe wie die Fussballhosen haben.
  • Auch Socken und Tapeverbände dürfen ab sofort nicht mehr eine andere Farbe haben als die Spielkleidung.
  • Einwürfe müssen mit beiden Händen gleich kräftig ausgeführt werden. Das System mit einer Stützhand, bei dem eine Hand den Ball schleudert, ist damit verboten.