Sport bestimmt den Tagesablauf von Orlando Keller. Der Sekundar- und Turnlehrer ist seit diesem Sommer Technischer Leiter beim SC Kriens. Ein Gespräch über Menschenförderung und Juniorenfussball.

Für Orlando Keller war das Ankommen im Kleinfeld fast ein Selbstläufer. Seit Jahren spielt er bei den SCK-Senioren, kennt den Verein und das Umfeld und trotzdem lernt er den Verein momentan nochmals neu kennen. Seit Juli ist Orlando Keller Technischer Leiter des SC Kriens, offiziell in einem 50%-Pensum, neben seiner Tätigkeit als Turn- und Sportlehrer – und damit verantwortlich für die Entwicklung und Organisation des Junioren Spitzenfussballs im Kleinfeld.

Orlando Keller, was lernst du gerade über den SC Kriens?

Ich staune über die Anzahl Menschen, die sich an den Heimspielen der 1. Mannschaft oder tagtäglich im Kleinfeld für den Verein engagieren. Über Trainerinnen und Trainer die extra früh kommen, um ihre Trainings vorzubereiten, alle die freiwilligen Helferinnen und Helfer. Das ist eindrücklich und es zeigt, was es braucht, damit dieser grosse Verein funktioniert.

«Die Erwachsenenwelt muss Kindern, die sich bewegen wollen, die passenden Möglichkeiten dafür bieten.»

Orlando Keller

Ist das eine neue Erkenntnis?

Mir wurde es bewusster, da ich nun häufiger hier im Kleinfeld bin und hinter die Kulissen blicken kann. Es ist nicht selbstverständlich, dass im Kleinfeld vieles gut funktioniert, bei so vielen Leuten und einer so intensiven Nutzung des Stadions und bei den Mitteln, die der Verein zur Verfügung hat.

Was hat dich gereizt, Technischer Leiter im Kleinfeld zu werden?

Ich wollte mich neben dem Platz wieder mehr engagieren, in einer für mich neuen Rolle, die vieles was ich beruflich und auf dem Fussballplatz bisher gemacht habe vereint. Ich bin seit vielen Jahren als Instruktor des Schweizerischen Fussballverbandes tätig, bilde Trainerinnen und Trainer aus und war davor selbst Trainer. Als Lehrer bin ich in der Ausbildung und Förderung von jungen Menschen tätig. Das Amt des Technischen Leiters ist für mich ein Konglomerat aus all diesen Tätigkeiten.

«Wir wollen gut ausgebildete Trainer:innen haben mit den entsprechenden Diplomen. Sie sollen sich weiterentwickeln wollen.» Orlando Keller im Gespräch mit U15-Trainer Raffael Valladares (Bild: SC Kriens).

Wie erlebst du dieses Konglomerat bisher?

Was ich erwartet habe, triff ein. Es geht vor allem um Personalführung, oder vielleicht besser gesagt um «Personalführung light», weil unsere Trainer:innen keine Vereinsangestellten sind, aber doch eine Teilzeit-Entschädigung erhalten. Leute zu coachen und zu begleiten, mit ihnen nach Lösungen zu suchen, ist spannend und eine tolle Aufgabe für mich. Ich habe vieles aufsaugen können, hatte viele Gespräche und habe einige neue Eindrücke erhalten.

Was sind deine Ziele für den Junioren-Spitzenfussball im Kleinfeld?

Das grobe Konzept wie im Spitzenjuniorenfussball ausgebildet werden soll ist durch den SFV vorgegeben. Die Spitze des Ganzen ist die Schweizer Nationalmannschaft. Unser Ziel ist es, die Junioren und Juniorinnen so zu fördern und auszubilden, dass sie diesen Weg so weit wie möglich gehen können. Aber, nur die wenigsten von ihnen werden als Profi spielen können. Wir wollen unseren Junioren und Juniorinnen auf ihrem Weg deshalb möglichst viel mitgeben, von dem sie in ihrem Leben profitieren können – auf und neben dem Fussballplatz. Ob als Profi oder nicht.

Beim SC Kriens sind momentan acht von insgesamt 43 Teams dem Junioren-Spitzenfussball angegliedert (Bild: SC Kriens).

Das tönt sehr «pädagogisch».

Das wird von einem Lehrer auch erwartet (lacht). Aber ja, es ist meine Überzeugung, dass sich jeder Mensch weiterentwickeln kann und ich sehe es als eine wichtige Aufgabe von uns, dass wir Menschen weiterbringen – ältere und jüngere.

Damit sind auch die Trainer:innen gemeint?

Natürlich, bei ihnen gilt grundsätzlich dasselbe wie bei unserem Nachwuchs. Wir wollen sie optimal fördern.

Wie?

In der Zusammenarbeit mit den Trainer:innen geht es darum, dass wir gut ausgebildete Trainer:innen haben mit den entsprechenden Diplomen. Sie sollen sich weiterentwickeln wollen und offen sein für Neues. Das Motto muss sein, dass eins und eins mehr als zwei ergibt, dass wir miteinander arbeiten und miteinander arbeiten wollen, dass wir untereinander einen Wissenstransfer haben, uns häufig aus- tauschen und voneinander profitieren können.

Was braucht es dazu?

Es braucht Verständnis für die Arbeit des anderen. Eine gemeinsame Ausrichtung. Wir haben Ideen, wie wir das zukünftig fördern können beim SC Kriens. Je mehr wir im Austausch sind, desto besser ist das Verständnis füreinander. Aber da sind nicht nur wir gefordert, sondern auch das Vereinsumfeld und die Politik. Die Erwachsenenwelt muss es ermöglichen, Kindern, die sich bewegen wollen, die dafür passenden Möglichkeiten zu bieten. Wir sollten darum bemüht sein, gute organisatorische Lösungen im Kleinfeld zu finden, in der Spitze und in der Breite.

«Es gibt vielmehr Junioren, die nicht Profifussballer werden, als solche die Profifussballer werden. Auch für Letztere muss die Förderung durch den Fussball und den Sport weitergehen.»

Orlando Keller

Entscheidend für die Ausbildung ist die Lehrperson, oder eben der Trainer oder die Trainerin. Welche Eigenschaften sollte ein Ausbilder, eine Ausbilderin im Juniorenfussball mitbringen?

Ich benutze dafür gerne eine Vierfelder-Matrix mit vier Eigenschaften. Die fachliche Ebene, die Persönlichkeit, die Sozialkompetenz und die Erfahrung. Je nach Juniorenkategorie und Alter der Kinder sind die einzelnen Ausprägungen natürlich unterschiedlich stark gefordert, oder können sich noch entwickeln. Wir legen aber grossen Wert darauf, dass unsere Trainer:innen bei diesen vier Eigen- schaften zum SC Kriens passen.

Ich denke wir müssen darauf achten, dass wir nicht versuchen alles zu stark zu vereinheitlichen. Es ist wichtig, dass wir eine Vielfalt haben in der Ausbildung von Juniorinnen und Junioren, dass es unterschiedliche Arbeitsweisen gibt und der Trainer oder die Trainerin einen Gestaltungsspielraum hat. Eine Makroplanung ist wichtig. Wir müssen wissen, was unsere Spielerinnen und Spieler können müssen, wie der langjährige Ausbildungsplan aussieht, aber die Trainerinnen und Trainer müssen ihre Freiheiten in der Ausbildung haben.

Orlando Keller: «Es ist auch wichtig, dass wir unsere Eigenständigkeit behalten und einen Krienser-Weg gehen» (Bild: SC Kriens).

Der SCK ist mit dem Spitzen-Nachwuchs ins Team Innerschweiz eingebettet, zusammen mit dem FCL und dem Team Zugerland. Wie eng arbeitet man da zusammen?

Momentan ist der Austausch sehr intensiv. Ich bin gespannt wie es weitergeht, wenn die Saison einmal läuft. Aber es ist sicher wichtig, dass wir einen guten Austausch haben, dass wir Synergien nutzen können, sei es bei der Infrastruktur, dem Spieleraustausch oder in der Weiterbildung der Trainer:innen. Wir können im Juniorenbereich von dieser Zusammenarbeit profitieren, es ist aber auch wichtig, dass wir unsere Eigenständigkeit behalten und einen Krienser-Weg gehen.

Die Junioren im Spitzenfussball verlassen den SCK nach der U16. Ihre Entwicklung liegt dann nicht mehr in den Händen des SC Kriens.

Das stimmt. Das Ganze basiert auf einer Art Pyramiden-System, die Pyramide spitzt sich zu und nach der U16 findet die Ausbildung momentan ausschliesslich beim FCL statt. Ich finde es deshalb wichtig, dass es gute Anschlusslösungen gibt für die Spieler, die den Weg eben nicht bis ganz hinauf schaffen oder bei denen ein ‘Umweg’ nötig ist. Da dringt meine Tätigkeit als Lehrer durch, es gibt vielmehr Junioren, die nicht Profifussballer werden, als solche die Profifussballer werden, auch für Letztere muss die Förderung durch den Fussball und den Sport weitergehen.