Musik ist zu hören und fast passend im Takt spielen sich die Ec-Junioren des SC Kriens die Bälle hin und her. Ihr Trainer Thomas Geisler lobt, lacht, ermuntert und kommentiert das Geschehen auf dem Trainingsplatz im Kleinfeld, er verändert die Übung, bringt neue Elemente rein. Plötzlich muss nach jedem Pass geklatscht werden, im Takt der Musik natürlich. «Wir entwickeln mit solchen Übungen nicht nur die fussballerischen Eigenschaften der Kinder, auch ihre Wahrnehmung und die kognitiven Fähigkeiten werden gefördert», sagt Trainer Geisler.

Für Thomas Geisler ist der Spass am Fussball am Wichtigsten (Bild: SC Kriens).

Für ihn ein zentrales Thema in der Ausbildung von Juniorinnen und Junioren. Die Kopfarbeit wird im Fussball immer wichtiger, das Tempo des Spiels nimmt stetig zu, Entscheidungen müssen innert Sekundenbruchteil gefällt werden, die Wahrnehmung ist dafür entscheidend. «Zudem brauchen die Kinder Abwechslung, immer dieselben Übungen, immer dasselbe Einlaufen, mindert das Interesse und damit auch die Aufmerksamkeit.»

Thomas Geisler ist seit drei Jahren Trainer beim SC Kriens. Es kam mit seinem Sohn zu den Kleinfeld Kids, trainierte die F-Junioren und ist nun seit dem vergangenen Sommer für die Ec-Junioren, die UN11, beim SCK zuständig. In seiner Freizeit wohlgemerkt.

«Es war wie der Eintritt in eine neue Welt, von der man immer gehört hatte, die einem aber bisher verschlossen blieb.»

Thomas Geisler über den Mauerfall während seiner Kindheit in der DDR

«Ich bin meist 45 Minuten vor Trainingsbeginn im Kleinfeld, bereite den Platz vor, überlege mir die Abläufe und wenn die Kinder dann auf das Feld stürmen, ist das pure Energie und Lebensfreude während 90 Minuten. Für mich ist die Trainertätigkeit der ideale Ausgleich zum Alltag, zum Beruf.»

Seinen Lebensunterhalt verdient der 45-jährige in der Gastronomie. Und es ist eher ein glücklicher Zufall, dass Thomas Geisler im Kleinfeld als Juniorentrainer seine Freizeit verbringt. Geboren und aufgewachsen ist er nämlich gut 700 Kilometer nördlich von Kriens. In Chemnitz.

Die Stadt gehörte bis 1989 zur DDR. In der Schule wurde eine Uniform getragen und jeden Morgen gab es einen Appell für Frieden und Sozialismus. Als die Mauer fiel, war Thomas Geisler 13 Jahre alt. «Es war wie der Eintritt in eine neue Welt, von der man immer gehört hatte, die einem aber bisher verschlossen blieb.»

Früh beginnt er mit Fussball. «Ich war ungefähr sechs Jahre alt und kickte beim TSV IFA Chemnitz.» Immer wieder auch gegen oder manchmal mit dem späteren Bayern- und Chelsea-Profi Michael Ballack. «Daran erinnere ich mich natürlich. Geblieben sind mir auch unsere Fahrten an Turniere in Leipzig oder Dresden, das waren absolute Höhepunkte für uns.»
Spass muss sein. Thomas Geisler als Trainer der Kleinfeld-Kids (Archivbild: 2021).

Im Jahr des Mauerfalls bekam Thomas Geisler ein Aufgebot des grossen Chemnitz FC zum Probetraining. Der defensive Mittelfeldspieler hatte Talent, einen guten Blick fürs Spiel und viel Energie – und war in der Zwickmühle. «Mein Onkel hatte uns indem Sommer für zwei Wochen nach Spanien eingeladen, zwei Wochen Strand. Zum ersten Mal in den Westen. Bisher war ich nur in der DDR in den Ferien. In Polen oder der damaligen Slowakei. Ich habe mich für den Strand in Spanien entschieden und nicht für den Fussballplatz in Chemnitz.»

Nach der Schule kam die Lehre als Treuhänder. «Wirklich Spass hat mir das nicht gemacht, aber ich habe es durchgezogen.» Das Fussballspiel rückte in den Hintergrund. Der Ausgang mit Freunden, die erste Freundin in den Vordergrund. «Als Jugendliche hatten wir immer das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Als dann die Öffnung kam, wollten wir das nachholen und der Fussball hatte dann einfach nicht mehr denselben Stellenwert in meinem Leben.»

«Ein toller Spielzug, ein schönes Tor kann viel entscheidender sein, kann mehr Wert haben in der Entwicklung der Kinder als ein Sieg.»

Thomas Geisler, Trainer Ec-Junioren

Der Freundeskreis von Thomas Geisler war es, der ihn zum ersten Mal in seinem Leben mit der Schweiz in Verbindung brachte. «Ich kannte einige Leute, die für ein paar Monate in die Schweiz gingen, um im Gastgewerbe zu arbeiten. Ich fand das spannend, ein neues Land, eine neue Tätigkeit in einem Hotel – und wie ich feststellen musste auch eine neue Sprache.»

Im Winter 2001 stand Thomas Geisler mit drei Koffern und einem Snowboard in Chemnitz am Bahnhof und wusste nur, dass er in einem Ort namens «Lenzerheide» in den Schweizer Alpen wieder aussteigen musste. «In Valbella bin ich anschliessend ins Hotel und hab dort vier Monate lang gearbeitet. Für mich war es eine Riesenerfahrung und ein grosser Schritt in die Selbständigkeit.»

Und, es gefiel ihm so gut, dass er an die vier Monate in den Bergen gleich sieben Monate am Vierwaldstättersee anhängte. Thomas Geisler lernte Leute kennen, verliebte sich, schlug Wurzeln in der Innerschweiz. Seit 2003 ist Luzern seine zweite Heimat und der SC Kriens der Fussballverein seiner Wahl. «Ich bin auch wegen meines Sohnes Juniorentrainer beim SCK geworden. Aber es hat mich schon immer interessiert. Mittlerweile spielt mein Sohn in einer anderen Mannschaft, das Trainersein ist für mich ein wichtiger Ausgleich zum Alltag geblieben.»

«Ich will, das alles bereit ist, wenn die Kinder kommen. Dann kommt auch die Energie sofort, das Lachen und der Spass. Dafür sind wir Juniorentrainer eigentlich doch alle hier im Kleinfeld.»

Thomas Geisler über seine Arbeit als Juniorentrainer beim SC Kriens

Dabei ist die Trainertätigkeit im Kleinfeld nicht immer problemlos vereinbar mit seiner Arbeit in der Gastronomie. Die Tage sind oft lang, manchmal arbeitet Thomas Geisler auch an den Wochenenden. Und ohne die Unterstützung seiner Familie und Partnerin Simone wäre es nicht möglich. «Und ich habe mit Andi Gabriel einen tollen Co-Trainer, wir ergänzen uns super, haben eine ähnliche Herangehensweise und ich kann auch viel von ihm profitieren.»

Der Spass, sagt Thomas Geisler sei entscheidend. «Das tönt dahergesagt, aber es ist so. Wenn die Kinder Spass haben, steigt die Lernkurve, steigt das Engagement und die Leistung.» Die Erfolgserlebnisse seien wichtig, nicht primär die Siege. «Ein toller Spielzug, ein schönes Tor kann viel entscheidender sein, kann mehr Wert haben in der Entwicklung der Kinder als ein Sieg.»

Damit den Juniorinnen und Junioren solche Momente gelingen, tüftelt Thomas Geisler oft und praktisch täglich an der Trainingsgestaltung. An der Weiterentwicklung seiner Arbeit. Er ist auf Trainer-Apps und Fussball-Plattformen unterwegs, sucht neue Übungen, will neue Anreize schaffen.

Gut 45 Minuten vor Trainingsstart steht er auf dem Feld, baut das Training auf, geht die Übungen nochmals im Kopf durch. «Ich will, das alles bereit ist, wenn die Kinder kommen. Dann kommt auch die Energie sofort, das Lachen und der Spass. Dafür sind wir Juniorentrainer eigentlich doch alle hier im Kleinfeld.»