Der SC Cham tritt morgen zum letzten Spiel des Jahres an. Der 24-jährige Captain und Torhüter Alessandro Merlo sieht den Wellengang in der ersten Saisonhälfte kritisch – bringt aber Verständnis auf.

Wenn der Sportclub Cham in der Promotion League spielt, ist meistens etwas los. Das lässt sich am bequemsten am Torverhältnis ablesen, das nach 16 Partien 31:34 lautet. Dieses lässt den Schluss zu, dass die Mannschaft immer ein Tor schiessen kann – aber auch immer eines kassiert. Diese Erkenntnis ist nicht neu, sie gehört sozusagen zum Wesen dieses Teams unter Trainer Jörg Portmann.

Genauso gilt: Sie kann auf einen starken Rückhalt zählen. Alessandro Merlo ist die unbestrittene Nummer 1. Der 24-Jährige hat 74 Pflichtspiele in Folge bestritten und gehört mit total 105 Einsätzen seit seinem Wechsel im Sommer 2014 zu den erfahrensten Akteuren im Kader. Seit der laufenden Spielzeit ist er zudem Captain. Merlo ist selbstbewusst genug, offenzulegen, dass er seinen Namen zuoberst auf den Zettel schrieb, als es darum ging, einen neuen Mannschaftsführer zu finden. «Ich habe mich in dieser Rolle gesehen», sagt er. Und er sagt auch, dass ihm dieses Amt die Entscheidung abgenommen habe, ob er im Sportclub bleibt oder nicht.

Profikarriere dürfte ein Traum bleiben
Dass er ein Mann der klaren Worte ist, zeigte sich im Sommer 2015. In einem Artikel in unserer Zeitung sagte der ehemalige GC-Torhüter, dass er sich zwei Jahre gebe, um in den Profibetrieb zurückzukehren oder davon abzurücken. Diese Frist ist mittlerweile verstrichen und Merlo noch immer im Amateurbereich. War’s das mit seinen Träumen? «Meine Hoffnung ist nicht mehr allzu gross. Aber wenn sich etwas ergibt, würde ich es wohl versuchen.» In den letzten zwei Jahren gab es Gerüchte. Und zweimal hätten Challenge-League-Klubs ihr Interesse angemeldet, einmal habe der Vertragsabschluss kurz bevorgestanden. «Aber dann wechselte die Führung, und die Neuen hatten andere Ideen», erklärt Merlo, wie im Geschäftsleben eben.» Jenes steht dem Zürcher gegenwärtig näher, er bildet sich zum HR-Fachmann weiter.

Im SC Cham finden sich wie in den meisten anderen Teams der dritthöchsten Schweizer Liga mehrere Spieler, die noch mit einer Profikarriere liebäugeln. Davide Giampà ist einer davon. Der Verteidiger, vor der laufenden Spielzeit in Wohlen ausgemustert, ist der Ansicht, dass man auch in dieser Spielklasse Aufmerksamkeit auf sich ziehen könne. Merlo bestätigt das, schränkt den Spielerkreis, für den das gilt, aber ein: «Für Jüngere kann diese Liga ein Sprungbrett sein, aber mit 24 oder 25 Jahren, wie Davide und ich es sind, wird es sehr schwierig.»

So dürfte der spiel- und nervenstarke Torhüter Teil der Chamer Spektakelmannschaft bleiben. Die vielen bisherigen Gegentreffer irritieren ihn. «Ich nerve mich schon manchmal», gibt er freimütig zu. Aber er habe gelernt, dass das häufige Hinter-sich-Greifen in der Regel weder mit seiner Leistung zu tun habe noch mit der grundsätzlichen Qualität im Team. «Die Umstände waren echt brutal», beschreibt Merlo die vielen Wechsel im Team, zu denen sich während der vergangenen Monate auch mehrere verletzungsbedingte Ausfälle gesellten: Balaj, Niederhauser, Dätwyler und Gasser fehlten oder fehlen, was ständige Umstellungen der Aufstellungen zur Folge hatte. Darüber hinaus habe auch manchmal das Glück gefehlt. «Unsere Fehler wurden meistens sofort bestraft – im Fussball brauchst du auch mal einen Schuss eines Gegners, der an den Pfosten geht.»

Morgen gegen YF Juventus
Über alles gesehen sei die Mannschaft gemäss Merlo «auf dem richtigen Weg». Mit Ausnahme der Partien gegen Brühl (0:4) und Kriens (2:5) seien die Chamer nie deutlich unterlegen gewesen. Im Saisonvergleich zeigt der Trend allerdings nach unten: In der Aufstiegssaison 2015/16 hatte der Sportclub nach 16 Begegnungen 31 Punkte auf dem Konto und war Tabellenführer. 2016/17 war er mit 23 Zählern Achter, aktuell liegt er mit 21 Punkten an 11. Stelle. Ein Blick auf die enge Tabelle verdeutlicht, wie viel von der letzten Partie des Jahres morgen in Zürich gegen YF Juventus abhängt (16.00, Juchhof 1). Ein Sieg verhilft den Chamern zu einer angenehmen Punktereserve. Eine Niederlage bringt sie dem Trennstrich näher. Dort dürfte neben dem abgeschlagenen Schlusslicht United Zürich noch ein Abstiegsplatz zu vergeben sein. Alessandro Merlo findet, darauf angesprochen, auch klare Worte: «Die Mannschaft, die diesen zweitletzten Platz Ende Saison belegen wird, heisst nicht Cham.»