Die Luzerner Fanorganisation USL nimmt nach dem umstrittenen und vieldiskutierten Cup-Boykott-Aufruf (REGIOfussball.ch berichtete) für das Cupspiel zwischen Kriens und Luzern vom Samstag, 12. August 2017 Stellung.

Diskutierte Kritikpunkte am Boykott der USL

  1. Der finanzschwache SC Kriens ist auf die Einnahmen des Cupspiels angewiesen und wird damit ohne eine Schuld bestraft.
  2. Das Heimstadion des SC Kriens wird aktuell neu gebaut. Daher muss der SC Kriens so oder so auswärts antreten ob im Gersag oder auf der Allmend.
  3. Für die hohen Sicherheitsauflagen sind einige Fangruppierungen im Umfeld der Luzerner nicht ganz unschuldig.

Hier die Ausführungen der USL:

Überrissene Verbands-Auflagen. Unverhältnismässige Sicherheitsvorschriften. Heimrecht- bzw. Stadionabtausch. Cupfeste drohen an unsinnigen Bestimmungen und Vorgaben zu scheitern, welche die Veranstalter nicht erfüllen können – oder wollen. Diese Entwicklung muss gestoppt und korrigiert werden. Die Vereine stehen selbst in der Pflicht – sie sind für die unsäglichen Verbandsbestimmungen verantwortlich. Und sie akzeptieren unsinnige Sicherheitsauflagen nahezu kritiklos.

Die Begegnung mit dem „Partnerclub“: Vom Freundschafts- zum Hochrisikospiel?
Rückblende: Am 28. Juni lädt der FC Kickers aus Anlass seines 110-jährigen Jubiläums zu einem Testspiel, in welchem die beiden grössten und sportlich erfolgreichsten Fussballvereine in der Region gegeneinander antreten. Zahlreiche Anhänger der rot-schwarzen Kickers, aber auch viele Fans des FC Luzern und des SC Kriens sind im Stadion anzutreffen. Es gibt Würste vom Grill, kühles Bier, ja sogar ein kurzer Schwatz mit einzelnen Spielern. Trotz des „Derbys“ gibt es nur einen Stadioneingang, keine Sektorentrennung, keine Polizei und – wenig überraschend – auch keinen Wasserwerfer. Kurz: Einfach nur Fussball. Das Testspiel endet in einem freundschaftlichen 3:3.

Am selben Abend wird mit regem Interesse die Auslosung des Schweizer Cups verfolgt. Die Freude ist gross: Endlich ein Gegner aus der Region – der Zufall beschert eine Wiederauflage der soeben stattfindenden Partie SCK gegen FCL. Bis spät in die Nacht wird bierseelig fachgesimpelt – unter und zwischen Kriensern wie Luzerner Fans, Spielern und Funktionären. Undenkbar, dass dies eineinhalb Monate später beim Cupspiel nicht in ähnlichem Rahmen stattfinden kann.

Weniger freundschaftlich als die Direktinvolvierten sehen dies Behörden und Verband. Die Partie der beiden „Partnerclubs“ wird als Hochrisikospiel eingestuft. Der SCK knickt ein. Der FCL wehrt sich auch nicht. Um die Auflagen für ein Hochrisikospiel zu erfüllen, wird die Partie kurzerhand vom Gersag auf die Allmend transferiert. Mit dem faktischen Stadionabtausch ist die Vorfreude jäh dahin. Kontroverse Diskussionen unter den FCL-Fans beginnen. Die USL bringt den Unmut vieler Anhänger frühzeitig beim FCL und den Behörden ein. Die Reaktion? Keine Regung, kaum Problembewusstsein. Sämtliche Beteiligten scheinen den Stadionabtausch ohne weiteres zu akzeptieren. Wir nicht!

Die Kritik der USL: Überbordende Auflagen abschaffen
SCK-Geschäftsführer Bruno Galliker erklärt, dass die infrastrukturellen Anforderungen von Verband und Behörden nicht erfüllbar seien. Die Auflagen für ein solches Spiel haben in den letzten Jahren tatsächlich masslose Dimensionen angenommen – zum Leidtragen aller. Unter diesen Umständen wird es nicht mehr lange dauern, bis sich die ersten unterklassigen Vereine vom Schweizer Cup abwenden und sich dieser zu einem Wettbewerb entwickelt, den sich nur die grossen und reichen Vereine leisten können. Wir können diese Entwicklung nicht gutheissen und es ist für uns unwesentlich, ob es sich beim Gegner um einen Zweitligisten oder den vermeintlichen Rivalen SC Kriens aus der Nachbargemeinde handelt. Und auch nicht ob das Stadion Kleinfeld oder das Gersag-Stadion abgetauscht wird. Wieso hinterfragt niemand die masslosen Anforderungen? Wo bleibt der Einwand des SC Kriens, wo die kritische Stimme des FC Luzern?

Wir fordern: Der FC Luzern und der SC Kriens setzen sich gemeinsam mit anderen Clubs beim Verband mit Nachdruck für einen Abbau der unsinnig hohen Anforderungen für die Durchführung eines Cupspiels ein.

Sicherheitswahn aufdecken und widerlegen
Nicht nur das eingangs erwähnte Freundschaftsspiel auf Tribschen, sondern sämtliche Begegnungen zwischen den Klubs aus Kriens und Luzern verliefen in den letzten zehn Jahren absolut problemlos. Ganz egal, ob Freundschaftsspiele oder Meisterschafts-Begegnungen zwischen dem SCK-Fanionenteam und unserer U21. Von der früheren Rivalität kann heute keine Rede mehr sein. Die bewegten Partien von damals, als die Verhältnisse der Fanszenen grundlegend anders waren, sind mehr als ein Jahrzehnt her. Erst- und Zweitrunden-Cuppartien des FC Luzern verlaufen seit Jahren frei von Problemen und zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Die vergangenen Ausflüge nach Naters, Le Locle, Murten, Köniz und viele mehr zeigen dies deutlich auf. Es gibt keinen Anlass zur Vermutung, dass dies beim Cup-Derby gegen Kriens anders sein sollte. Dennoch fordert die Polizei für dieses Spiel unverhältnismässige Sicherheitsbestimmungen und stempelt die Partie zu einem Hochrisikospiel ab – mit tiefgreifenden infrastrukturellen und finanziellen Folgen für den Veranstalter. Warum? Weshalb? Wir sehen keinerlei objektive Anknüpfungspunkte, um die vorliegende Partie künstlich zu einem Sicherheitsrisiko hoch zu pushen.
Wir fordern vom FC Luzern und dem SC Kriens, dass sie der überbordenden Sicherheit-Hysterie der Behörden entgegentreten und aufzeigen, welche Kosten ihnen die von Polizei und Verband auferlegen Auflagen verursachen.

Cuptradition wahren – Vereinskultur leben
Schauplatzwechsel: Im September 2011 organisiert der FC Eschenbach gegen den FC Basel auf dem heimischen Sportplatz Weiherhus ein Fussballfest mit 3‘700 Zuschauern. Es gibt zig weitere Beispiele aus der Region, ob in Buochs, Gunzwil, Schötz oder Sursee. Cup-Partys sind möglich – trotz Auflagenflut.Einzige Bedingung: Man muss es wollen! Und man muss akzeptieren, dass die Einhaltung der masslosen Auflagen einen gewichtigen Anteil des Gewinns verschlingen – für nichts. Und doch nehmen viele Amateurvereine diese Last auf sich. Zu unserer grossen Freude, denn: Die ersten Runden des Schweizer Cups sind die letzten Bastionen eines ehrlichen, volksfestlichen und vereinsliebenden Fussballs. In den vergangenen Jahren wurden wir in vielen Schweizer Ortschaften freundlich empfangen, mit ausreichend Hopfensaft versorgt und mit Würsten vom guten alten Grillstand verwöhnt. Wochenlange Vorbereitungen und hunderte von Stunden freiwilliger Arbeit machen die erste Cuprunde zu einem unvergesslichen Tag für alle Beteiligten. Vereinskultur, wie sie bei unserem Verein schon lange verloren gegangen ist. Diese gilt es zu wertschätzen und zu fördern. Im Gegensatz zu vielen Dorfvereinen entschieden sich der SCK und der FCL für die bequemere und vermeintlich lukrativere Variante…

Wir fordern von allen Beteiligten, Fans eingeschlossen, eine Selbstreflexion und ein klares Bekenntnis, sodass uns Fussballfeste in der Provinz auch in Zukunft erhalten bleiben.

Unser Grundsatzentscheid
Für uns, die sich die Unterstützung des FC Luzern auf die Fahne geschrieben haben, war es ein schwieriger Entscheid zum Boykott des Spiels aufzurufen. Genauso wichtig wie die bedingungslose Unterstützung ist uns allerdings auch, dass die Fussball- und Fankultur ihren Idealen treu bleibt: Volksnah, auf Augenhöhe, freiheitlich, euphorisch und stimmungsgeladen. Durch die Aufmerksamkeit der Thematik kamen viele Diskussionen mit FCL-Fans jeglichen Alters und Couleurs zustande. In diesen Gesprächen hat sich herauskristallisiert, dass die grundsätzliche Kritik an den immer grösseren Auflagen breit über alle Altersgruppen abgestützt ist. Auch wenn sich einige über die Massnahme des Boykotts uneinig sind und das Spiel trotzdem besuchen wollen, sind wir der Ansicht, dass in diesem Fall nur ein deutliches Zeichen etwas bewirken kann. Ein solches klares Zeichen ist das Fernbleiben vom Stadion. Wir rufen die FCL-Fans weiterhin dazu auf, keine Karten für das Spiel zu kaufen und sich mit uns am Spieltag um 14 Uhr auf dem Kornmarkt zu treffen. Das weitere Vorgehen wird vor Ort bekannt gegeben. Bis dahin erwarten wir von den Clubs klare Statements für die Fussballkultur!