Mit 20 Jahren hat FCL-Spielerin Carmen Pulver noch einige Ziele. Wie sie sich ihre berufliche und sportliche Zukunft vorstellt – und weshalb sie an der WM 2015 auf gepackten Koffern sass.

Das Warten hat ein Ende. Am Samstag greifen die Fussballerinnen ins Meisterschaftsgeschehen ein. Auf höchster nationaler Ebene dabei ist auch der FC Luzern, der sich wie in der letzten Saison auf sie verlassen kann: auf die 20-jährige Mittelfeldspielerin Carmen Pulver. Mit Rang vier ging Luzern Mitte Juni in die Pause, «cool wäre nun ein Platz unter den Top 3», sagt Carmen Pulver. «Wir verfügen wie im letzten Jahr über ein eher schmales Kader, und einfach wird es nicht werden.» «Cool» ist eines ihrer Lieblingswörter, und mit diesem Attribut bezeichnet sie auch das Team des FC Luzern. «Ich fühle mich sehr wohl in dieser Mannschaft.» Wenn sie auf die letztjährige Spielzeit zurückblickt, ist ihr unter anderem die Partie gegen Zürich noch in bester Erinnerung. Nicht nur, weil diese in der Swissporarena stattfand, sondern weil Luzern dem mehrfachen Schweizer Meister und Cupsieger mit 2:1 das Nachsehen gab, und das war, man ahnt es, «megacool».

Der frühe Start
Trotz ihres jugendlichen Alters ist Carmen Pulver im Fussballgeschäft fast so etwas wie «ein alter Hase». Im Alter von acht Jahren begann sie ihre fussballerische Laufbahn beim FC Herrliberg, dort, wo ihr älterer Bruder Matthias engagiert war. 2008 wechselte sie zu den Grasshoppers, durchlief sämtliche Junioren-Abteilungen, und als Krönung feierte sie den U-18-Meistertitel. Sie hat allen Angeboten des Ligakrösus FC Zürich widerstanden. «Die Möglichkeiten waren vorhanden, aber ich habe mich bei den Grasshoppers sehr wohl gefühlt.» 2014 wagte die Gymnasiastin den Sprung in die deutsche Bundesliga zum MSV Duisburg. Doch dieser Ausflug war von kurzer Dauer, das Team stieg ab und Carmen Pulver reiste zurück in die Heimat. «Ich wollte unbedingt die Matura in der Schweiz machen.» Da kam der Anruf der FCL-Verantwortlichen zur richtigen Zeit, denn mit dem Besuch der Sportklasse an der Kantonsschule Alpenquai in Luzern konnte sie Fussball und Ausbildung optimal kombinieren. Die Matura hat sie inzwischen im Sack, «nun lege ich erst einmal ein Zwischenjahr ein und suche mir eine Arbeit». Später möchte sie ein Studium in Angriff nehmen, «vielleicht Medizin», sagt sie, «aber ich lasse mir Zeit und informiere mich erst einmal noch, was alles für mich in Frage käme». Gewohnt hat sie in Luzern in einer WG, diese wird nun aufgelöst, und Carmen Pulver zieht zurück zu ihren Eltern. Natürlich gefalle ihr die Stadt Luzern sehr gut, mit einer kleinen Einschränkung: «Es regnet etwas viel», sagt sie – und lacht.

Der historische 14. Januar 2014
Ihr Talent blieb auch den Verantwortlichen auf höchster nationaler Stufe nicht verborgen. Mit der U-17-Nationalmannschaft belegte sie an der EM 2012 den vierten Rang, nahm im gleichen Jahr mit dem U-20-Nationalteam an der WM in Japan teil, wo die Auswahl Gruppenletzter wurde. Und dann kam am 14. Januar 2014 ein grosser Moment: Sie gab ihr Debüt in der A-Nationalequipe bei einem Freundschaftsspiel in Portugal. Die Schweiz ging als 2:1-Sieger vom Platz, Carmen Pulver erzielte ihr erstes Länderspieltor, und «das war schon cool». Die Vorbereitungen im Hinblick auf die WM vom letzten Jahr in Kanada machte sie alle mit, musste aber auf Abruf zu Hause bleiben. «Ich war damals wegen Verletzungen etwas angeschlagen und hatte es geahnt, dass es nicht reichen würde», blickt sie zurück. «Gerade auf meiner Position gab es mehrere Kandidatinnen, die schon länger dabei waren.» Sie trainierte zu Hause weiter und gestaltete ihre Freizeit so, dass sie sofort reisefertig gewesen wäre, falls sie ein Anruf aus Kanada erreicht hätte. Doch Tempi passati, neue Chance, neues Glück. 2017 steht die EM in den Niederlanden an, für die sich die Schweizerinnen bereits qualifiziert haben. «Ich würde mich sehr freuen, wenn ich für diesen Anlass selektioniert würde», sagt sie.

Support der ganzen Familie
Der Fokus ist aber erst einmal auf die kommende Meisterschaft gerichtet. Verletzungsfrei über die Runden kommen, heisst eine der Devisen, denn Carmen Pulver plagte sich in der Vergangenheit häufig mit Meniskus-, Bänder- und Fussgelenkproblemen herum, «ich spielte in den letzten drei Jahren bei GC und Duisburg fast immer mit einem Tape». Am Samstag (20.00) trifft das Team von Neo-Trainer Dieter Münstermann zu Hause auf Neunkirch. «Dies ist ein starker Gegner», sagt Carmen Pulver, «was Platz 2 aus der letzten Saison beweist.» Daumen drücken wird auch ihre Familie, ihre Eltern Bernhard und Cornelia, ihr Bruder Matthias und ihre Schwester Madeleine, die, wann immer möglich, bei den Spielen dabei ist. «Diese Unterstützung ist mir sehr wichtig», sagt Carmen Pulver. Dann wäre noch die Frage zu beantworten, ob Carmen Pulver wieder mit einem Engagement im Ausland liebäugelt. «Ich sage nicht Nein, denn die Zeit in Deutschland war – megacool.»
FC Luzern

Zuzüge: Rahel Tschopp (Nachwuchs), Münever Akyol (Schlieren), Nicole Remund (Zürich), Dieter Münstermann (Trainer), Kurt Ulrich (Assistent).

Abgänge: Antonia Albisser (Rücktritt). Bigi Meier (Trainer).

Teams NLA: FC Luzern, Staad, Derendingen Solothurn (Aufsteiger), FC Zürich, Neunkirch, Yverdon, Lugano, Young Boys, Basel, Grasshoppers.